Kommentar zur Räumung des Flüchtlingslagers in Calais Höchste Zeit

Meinung | Paris · Es wurde höchste Zeit, dass die französische Regierung Verantwortung für das Skandalcamp in Calais übernimmt. Zugleich sollte sie sich eingestehen, dass die Lage nur gemildert ist - nicht gelöst.

 Flüchtlinge in der Barackensiedlung von Calais.

Flüchtlinge in der Barackensiedlung von Calais.

Foto: dpa

Dass die Regierung nun Verantwortung für das Skandalcamp in Calais übernimmt und eingreift, wurde höchste Zeit – dass sie es auf humane Art und Weise tut, ebenfalls. Sie übte Druck auf die britische Regierung aus, um zumindest einige der Minderjährigen aufzunehmen, die Familienangehörige in Großbritannien haben. Auch sollen die Flüchtlinge, die von Zelten in Calais in Erstaufnahmezentren ziehen, dort eine Grundversorgung bekommen.

Das Flüchtlingsghetto war eine Schande für Frankreich. Und sie ist hoffentlich Vergangenheit. Die Regierung sollte zugleich eingestehen, dass die Lage nur gemildert ist – nicht gelöst. Weiterhin werden Tausende Menschen auf dem Weg in ihr Zielland Großbritannien Calais ansteuern. Das Risiko erscheint groß, dass nach der Auflösung des halboffiziellen Lagers erneut wilde Slums entstehen. Deshalb ist es wichtig, dass die Strukturen, die in der Hafenstadt entstanden sind, bestehen bleiben und sich die Gemeinschaft weiterhin um sie kümmert. Zugleich muss der Empfang von Flüchtlingen im ganzen Land eine Selbstverständlichkeit sein, um diese Sorge nicht nur Brennpunkten wie Calais oder dem südfranzösischen Menton an der Grenze zu Italien zu überlassen. Auch in Paris, wo Menschen teils unter freiem Himmel schlafen, eröffnen zwei Flüchtlingsheime, die die Anwohner zwar spalten. Aber in einem wohlhabenden Land wie Frankreich, das so stolz ist auf seine Tradition als Hort der Menschenrechte, sollte man den Mut haben, einen – freilich umstrittenen – Satz auszusprechen: Wir schaffen das.

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