Gysi attackiert Verfassungschutz

BERLIN · In Berlin tobt ein heftiger Streit um die Vorgehensweise des Kölner Verfassungsschutzamtes, der die Linkspartei überwacht. Überraschende Unterstützung erhält die Partei dabei sogar von einem Bundesminister.

Steht in der Kritik: Das Amt für Verfassungsschutz in Köln.

Steht in der Kritik: Das Amt für Verfassungsschutz in Köln.

Foto: dpa

Ausgerechnet Dirk Niebel. Der eher dem konservativen Flügel seiner FDP zuzuordnende Bundesentwicklungshilfeminister ist das erste Kabinettsmitglied, das der von der Bundesregierung unterstützten Überwachung von mindestens 27 Abgeordneten der Partei "Die Linke" durch den Verfassungsschutz widersprach.

Gewiss: Er kenne die verfassungsfeindlichen Bestrebungen innerhalb der Linkspartei. Es könne aber nicht angehen, "dass Abgeordnete flächendeckend überwacht" würden. Das sei in einer Demokratie nicht in Ordnung. Aus FDP-Kreisen hieß es weiter, Niebel habe im Namen aller liberalen Minister im Merkel-Kabinett gesprochen. Stichwort: mehr Profil als Rechtsstaatspartei.

"Richtig zornig" sollen die SPD und Parlaments-Vizepräsident Wolfgang Thierse sein. Der Politiker ließ ausgerechnet der früheren SED-Postille "Neues Deutschland" mitteilen, dass er die Überwachung der Parlamentarier für "ein Unding" halte. Das Präsidium des Bundestages werde sich, zusammen mit der von der Beobachtung ebenfalls betroffenen Linken-Vizepräsidentin Petra Pau, mit den am Wochenende vom Nachrichtenmagazin "Spiegel" an die Öffentlichkeit gebrachten Neuigkeiten befassen.

Verfassungsschutz-Präsident verteidigt Überwachung

Auch der Ausschuss zur Kontrolle der Geheimdienste werde sich mit den Vorgängen befassen. Dieser sogenannte G10-Ausschuss tagt allerdings von der Öffentlichkeit streng abgeschirmt.

Linke-Fraktionschef Gregor Gysi nutzte die propagandistische Gunst der Stunde, um das Bundesamt für Verfassungsschutz heftig zu attackieren. Er behauptete, das Kölner Amt habe ihn nicht nur beobachtet, sondern mit "geheimdienstlichen Mitteln" überwacht.

Er begründete dies mit der Behauptung, Teile seiner Verfassungsschutzakte, die er habe einsehen können, seien geschwärzt gewesen. Sein drakonisches Fazit über die Arbeit des Kölner Amtes: "Die lügen."

Schwerer Stand also für den Präsidenten des Verfassungsschutzamtes, Heinz Fromm. Er verteidigte wie die meisten Regierungsvertreter der Unionsparteien die Überwachungsmaßnahmen vehement. Tenor aus den Stellungnahmen: Die Linke verfolge verfassungsfeindliche Ziele und müsse weiter beobachtet werden, so etwa der CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt. Die Partei dürfe sich deswegen nicht wundern.

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