Fiskalpakt Gut beschirmt?

BERLIN · Bei den oppositionellen Sozialdemokraten ist inzwischen um die Frage der Zustimmung zu dem Fiskalpakt ein handfester innerparteilicher Streit entbrannt. Parteichef Sigmar Gabriel hatte für eine harte Haltung gegenüber den Plänen der Bundesregierung plädiert, den Eurozonen-Staaten strengere Regelungen für die Haushaltsdisziplin zu geben.

Bei diesem Vorhaben ist die Koalition freilich von der Opposition abhängig. Da dieser Regelung in nationale Souveränitätsrechte eingreift, ist in Bundestag und Bundesrat jeweils eine Zwei-Drittel-Mehrheit notwendig. Die Koalition aus Union und FDP ist also auf ein Entgegenkommen von SPD und Grünen angewiesen.

Gerade vor diesem Hintergrund ist bemerkenswert, welchen fordernden Tonfall Frank-Walter Steinmeier in der Bundestagsdebatte am Donnerstag anschlägt. "Wir werden uns nicht noch einmal abspeisen lassen", meinte der SPD-Fraktionsvorsitzende mit Blick auf die zentrale Forderung seiner Partei, die Finanzmärkte zu besteuern. Die Bundesregierung möge in dieser Frage ihre "Selbstblockade" aufgeben. Im Gespräch sind verschiedene Modelle, wobei der britische Ansatz einer Börsenumsatzsteuer in keinem Fall für die Opposition akzeptabel sein dürfte.

Der Bundestag befasste sich am Donnerstag in erster Lesung mit dem Fiskalpakt und dem dauerhaften europäischen Rettungspaket ESM. Die Entwürfe durchlaufen diverse Ausschussberatungen und sollen schon im Mai endgültig von den parlamentarischen Gremien verabschiedet werden. SPD und Grüne wollen ein gesplittetes Verfahren. Demzufolge soll der Fiskalpakt erst nach dem Ende der Sommerferien in einem gesonderten Verfahren verabschiedet werden.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sagte dem Parlament zwar zu, er werde alles tun, um eine Besteuerung aller Finanztransaktionen durchzusetzen. Allerdings sieht er die Chancen für einen einstimmigen Beschluss der Eurozonen-Staaten als nicht besonders hoch an. SPD und Grüne, so warnte er, dürfen die Maßnahmen zur Stabilisierung des Euro und zur Bewältigung der Finanzkrise nicht blockieren: "Es gibt keinen Grund, daran die Stabilisierung unserer gemeinsamen Währung scheitern zu lassen."

Die EU-Finanzminister wollen auf einer informellen Tagung am Freitag in Kopenhagen die wesentlichen Grundlagen zur künftigen Finanzmarktstrategie beschließen. Kanzlerin Angela Merkel, die am Donnerstag im Bundestag anwesend war, aber nicht in die Debatte eingriff, hatte in den letzten Tagen den in Brüssel immer massiver geäußerten Forderungen nachgegeben und einer Ausweitung der Haftungsobergrenzen zugestimmt. Mehrere Redner der Koalition signalisierten, dass es eine Zustimmung der Bundesregierung zu einer nochmaligen Ausweitung des Schirms nicht geben werde.

Konkret heißt dies: Deutschland bürgt im schlechtesten Fall mit 211 Milliarden für den EFSF-Rettungsschirm, der parallel zum ESM aufgespannt bleibt. Dort könnte sich der Beitrag der Deutschen auf 168 Milliarden belaufen. Hinzu kommen 22 Milliarden an Barmitteln. Das gesamte Finanzvolumen entspricht mehr als einem Bundeshaushalt. Die Mittel würden dann fällig, wenn Italien und Spanien unter den Rettungsschirm wollten. Unklar ist auch die Entwicklung in Portugal. Experten gehen davon aus, dass die Inanspruchnahme der Finanzmittel sich in wesentlich moderaterem Rahmen abspielen wird.

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