Neues Papst-Gesetz Geistliche müssen ab Juni Missbrauchsfälle melden

Rom · Ein neues Papst-Gesetz verpflichtet Kleriker zur Anzeige von sexuellem Missbrauch. Bischöfe müssen nun den Strafermittlern helfen. Bislang gab es keine effektive Handhabe gegen Bischöfe, die Missbrauchstaten vertuschten.

 Kampf gegen sexuellen Missbrauch: Papst Franziskus.

Kampf gegen sexuellen Missbrauch: Papst Franziskus.

Foto: dpa

Ob es der große Durchbruch im Kampf gegen sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche ist, bleibt abzuwarten. Drei Jahre lang will Papst Franziskus ein Maßnahmenpaket in der Weltkirche erproben, mittels dessen Kleriker von Ihresgleichen angezeigt werden müssen, sollten sie sich eines sexuellen Missbrauchs schuldig machen. Ein entsprechendes Gesetz, in dem eine Meldepflicht für Geistliche festgeschrieben ist, erließ Papst Franziskus bereits am 7. Mai. Am Donnerstag wurde es veröffentlicht und im Vatikan vorgestellt.

Das neue Regelwerk in Form eines Motu proprio, mit dem der Papst offenbar die frühere Kultur der Vertuschung zu durchbrechen versucht, soll ab 1. Juni gelten. Es ist zunächst auf drei Jahre angelegt.

Verheimlichungen werden nicht länger geduldet

Unter den umfangreichen Maßnahmen sticht besonders die Meldepflicht für Geistliche ins Auge, da der Papst damit ausdrücklich im Kirchenrecht festschreibt, dass die Verheimlichung von Missbrauchsfällen sowie die früher vielfach praktizierte Versetzung der Täter in andere Pfarreien nicht länger geduldet werden kann. In den Diözesen, so ist es dem Motu proprio „Vos estis lux mundi“ („Ihr seid das Licht der Welt“) zu entnehmen, sollen innerhalb des kommenden Jahres regelrechte Meldesysteme eingerichtet werden.

Wie genau diese Systeme beschaffen sein sollen, welchen genauen Zweck sie erfüllen und wer an dem Mechanismus beteiligt ist, wird im Gesetzestext nicht näher charakterisiert. Dort ist nur die Rede davon, es sollten Systeme bestimmt werden, „die der Öffentlichkeit leicht zugänglich sind, um Meldungen einzureichen“. Dies könne auch durch die Einrichtung einer eigenen kirchlichen Behörde geschehen. Die Ortskirchen sollten „gemäß den verschiedenen Kulturen und örtlichen Gegebenheiten“ über die Beschaffenheit der Meldesysteme entscheiden.

Zudem sollen diejenigen, die Missbrauchsfälle melden, durch das Gesetz geschützt werden. Meldungen stellten „keine Verletzung des Amtsgeheimnisses“ dar. Denjenigen, die eine Meldung erstatten, könne „kein Schweigegebot hinsichtlich ihres Inhalts auferlegt werden“. In dem Regelwerk ist außerdem die Untersuchung von Bischöfen vorgesehen, die zivile, kirchenrechtliche oder strafrechtliche Untersuchungen von sexuellem Missbrauch „zu beeinflussen oder zu umgehen“ versuchen.

Damit könnte sich eine wichtige Gesetzeslücke schließen. Bislang gab es in der katholischen Kirche keine effektive Handhabe gegen Bischöfe, die Missbrauchstaten vertuschten. In vielen Fällen war aber genau das das Problem: Anstatt sich auf die Seite der Opfer zu stellen, war es üblich, dass kirchliche Vorgesetzte sich schützend vor ihre straffällig gewordenen Priester stellten und das Ansehen der Institution allem voranstellten. Im Gesetz heißt es nun auch, kirchliche Stellen seien verpflichtet, staatliche Strafverfolger in ihrer Arbeit zu unterstützen.

Kernstück des Motu proprio ist die Meldepflicht für Kleriker. Danach sind fortan nicht nur Vorgesetzte, sondern Kleriker jeder Art in der katholischen Kirche zur Anzeige sexuellen Missbrauchs bei der zuständigen kirchlichen Autorität verpflichtet. Dasselbe soll für Fälle gelten, in denen Missbrauchsfälle vertuscht wurden und Täter gedeckt werden. Auch dies muss dem Gesetz zu Folge gemeldet werden. Das Motu proprio gilt in allen Diözesen weltweit.

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