Neujahrsbotschaften Gegen Terror und Hetze

Düsseldorf · NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft und Vertreter der beiden christlichen Kirchen rufen zu mehr Respekt auf und äußern Besorgnis um den gesellschaftlichen Zusammenhalt.

 Hannelore Kraft ist seit 2010 Ministerpräsidentin in Nordrhein-Westfalen.

Hannelore Kraft ist seit 2010 Ministerpräsidentin in Nordrhein-Westfalen.

Foto: dpa

In ihrer Neujahrsansprache hat NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) die Menschen im Land aufgerufen, einander mit mehr Respekt zu begegnen und die offene Gesellschaft zu verteidigen. „Es besorgt mich sehr und ich weiß, dass viele Bürger diese Sorge teilen, dass hier etwas ,ins Rutschen' gekommen ist“, sagte Kraft unter dem Eindruck der Terrorgefahr und der zunehmenden Gewalt. Nicht nur „die schrecklichen Ereignisse am Jahresende“ hätten die Menschen erschüttert. Kraft ging auch auf Drohungen gegen Kommunalpolitiker, Gewalt gegen Rettungskräfte sowie Ausschreitungen auf Fußballplätzen ein.

„Die Freiheit unserer Gesellschaft macht uns stark, aber auch verletzlich“, sagte die Ministerpräsidentin. „Terror und Hetze werden uns nicht besiegen. Wir schätzen und schützen unsere Freiheit. Wir ändern unseren Lebensstil nicht.“ Insbesondere der Hetze in den sozialen Netzwerken müsse entschieden entgegengetreten werden. „Auch dort gelten Regeln und Gesetze. Wer sie nicht achtet und sie nicht einhält – der darf keine Toleranz erwarten.“ Lob zollte Kraft den rund sechs Millionen ehrenamtlich Tätigen im Land.

Die Spitzen der evangelischen und katholischen Kirchen im Land äußerten zum Jahreswechsel eine tiefe Besorgnis um den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Der rheinische Präses Manfred Rekowski sagte in seiner Neujahrsbotschaft: „Das zurückliegende Jahr – zwischen der Silvesternacht in Köln und dem Anschlag in Berlin – hat uns vor Augen geführt, wie gefährdet das Leben einer offenen Gesellschaft ist. Wir müssen mit Unsicherheiten leben.“ Das gesellschaftliche Klima sei in diesem Wahljahr „aufgeheizt“, manche politischen Akteure suchten nach Sündenböcken, und viele Menschen hätten Angst vor dem Abstieg.

Die Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen, Annette Kurschus, erkennt einen „erschreckenden Unwillen“, sich vom Leid anderer berühren zu lassen, „bis hin zu der Behauptung, wir im wohlhabenden und sicheren Europa hätten ein Recht darauf, in Ruhe gelassen zu werden von der Not und Ungerechtigkeit der Welt. Woher sollte solches ,Recht' kommen?“

Rainer Maria Kardinal Woelki, der Erzbischof von Köln, bezeichnete in einer Silvesterandacht die Silvesternacht des Jahres 2015 als „Katastrophe“. Sie habe gezeigt, „wie gewalttätig Sexismus ist und wie gefährdet Frauen mitten unter uns sind“. In einer vom Domradio ausgestrahlten Botschaft rief Woelki auf zu „mehr Mitmenschlichkeit, mehr Barmherzigkeit, mehr Zuneigung und mehr Verantwortung füreinander“.

Eine betont politische Botschaft verbreitete Bischof Helmut Dieser in der Jahresschlussandacht im Aachener Dom. „Wir leben in Deutschland und in Europa mit offenen Gesellschaften, also mit offenen Türen. Menschen dürfen kommen und gehen. Menschen, die sich vor Krieg und Terror zu uns flüchten, dürfen bei uns um Asyl bitten. Das ist nicht die Politik der Bundeskanzlerin. Es ist das Gebot des Grundgesetzes“, sagte Dieser.

Der Bischof kritisierte, dass immer wieder „Halbwahres, Verkürztes, Abgefälschtes, Übertriebenes oder glattweg Gelogenes“ in Umlauf gebracht werde. Dies trage zur zunehmenden Gewalt bei. Nur der Staat dürfe „aktiv Gewalt ausüben“ und auch nur, um das Recht anderer zu schützen. Niemand sonst dürfe sich anmaßen, andere unter Druck zu setzen.

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