Putin und Poroschenko Gefangennahme russischer Fallschirmjäger in Ukraine überschattet Treffen

MINSK · Russland, die Ukraine und die EU wollen ihre Gas-Gespräche fortsetzen, der kasachische Präsident Nursultan Nasarbajew möchte eine Stiftung zum Wiederaufbau der Ostukraine schaffen.

 Zum Auftakt des Gipfels mit EU-Vertretern gaben sich Putin und Poroschenko die Hand.

Zum Auftakt des Gipfels mit EU-Vertretern gaben sich Putin und Poroschenko die Hand.

Foto: dpa

Wladimir Putin aber befürchtet, dass das Assoziierungsabkommen zwischen der Ukraine und der EU Russland praktisch den ukrainischen Markt verschließe und werde sein Land an die vier Milliarden Euro kosten werde. Sein Land sei gezwungen, der Ukraine alle Handelsbegünstigungen zu streichen.

Die Ergebnisse klangen mager, obwohl die Unterhändler fast vier Stunden getagt hatten. Außer Putin, Nasarbajew und ihrem weißrussischen Zollunionspartner Alexander Lukaschenko saßen der ukrainische Staatschef Pjotr Poroschenko am Tisch, sowie die EU-Kommissare für Außenpolitik, Handel und Energiefragen, Catherine Ashton, Karel de Gucht und Günther Oettinger.

Aber der eigentliche Clou sollte ein Vier-Augen-Gespräch zwischen Putin und Poroschenko sein. Es verschob sich immer mehr nach hinten, war bei Redaktionsschluss noch im Gange.

Westliche Diplomaten hofften vorher auf einen Durchbruch bei den Friedensbemühungen im Donbass. Allerdings signalisierten die Äußerungen beider Staatschefs im Plenum wenig Kompromissbereitschaft.

Putin wiederholte seine altbekannte Forderung nach einem Dialog unter Berücksichtigung der "elementarsten Interessen der südöstlichen Regionen des Landes", Poroschenko beharrte auf seinem von den Rebellen und Moskau mehrfach verworfenen Friedensplan und verlangte einen vollständigen Stopp der Waffen- und Truppenbewegungen über die russisch-ukrainische Grenze. Der Kiewer Politologe Tkatschenko konstantierte gegenüber unserer Zeitung: "Poroschenko verteidigt die Interessen des Landes, Putin will das Gesicht nicht verlieren."

Schon vor dem Treffen rechneten viele Beobachter mit einem Null zu Null. "Es wird keine politischen Ergebnisse geben", sagte der russische Politologe Alexei Muchin. "Wozu verhandeln? Sowohl Poroschenko wie Putin sind nicht bereit, in der Frage des Donbass nachzugeben."

Währenddessen tobten dort wieder heftige militärische und propagandistische Kämpfe. Am Montag starteten die prorussischen Rebellen im Donbass eine Großoffensive, nach ukrainischen Meldungen massiv unterstützt von Russland. Bei Nowoasowsk sollen zehn bis 80 russische Panzer die ukrainischen Grenzschutztruppen attackieren. In der umkämpften Stadt Ilowaisk schlossen die Angreifer offenbar mehrere ukrainische Bataillone ein.

Derweil lieferte die Gefangennahme russischer Soldaten in der Ostukraine anscheinend erstmals einen konkreten Beleg für russische Truppenpräsenz im Konfliktgebiet. Die Pressestelle der ukrainischen Streitkräfte im Donbass veröffentlichte am Dienstag Fotos und Videos von zehn gefangenen russischen Fallschirmjägern, die den Ukrainern am Vortag bei dem Städtchen Amwrosijewka in die Hände gefallen waren.

Mehrere aus dem nordrussischen Kostroma stammende Kämpfer der 98. Luftlandedivision sagten vor laufender Kamera aus, sie seien zu Gefechtsmanövern abkommandiert worden, ohne dass man ihnen gesagt hätte, sie würden in der Ukraine Krieg führen.

Das russische Verteidigungsministerium beteuerte, die Fallschirmjäger seien beim Patrouillieren der Grenze versehentlich auf ukrainisches Gebiet geraten. Gleichzeitig aber erschienen im russischen Internet Fotografien mit den Gräbern zweier Pskowsker Fallschirmjäger, deren Namen zuvor in einer ukrainischer Liste von 47 russischen Soldaten aufgetaucht war, die auf Seiten der Rebellen bei Lugansk kämpften.

Laut des Kiewer Fernsehsenders Gromada TV liegen acht weitere Pskowsker Fallschirmjäger schwer verletzt im Lugansker Gebietskrankenhaus. Auch neun Motorschützen aus Stawropol sollen nach Angaben von Menschenrechtlern verschwunden sein, nachdem sie zu Manövern in Rostower Gebiet abkommandiert worden waren. Allerdings debattieren in Russland bisher nur die wenigen Oppositionsmedien, was aus diesen Soldaten geworden ist.

Am Vorabend seiner Abreise nach Minsk hatte Poroschenko das Parlament aufgelöst, Neuwahlen finden am 26. Oktober statt. Der Schritt kam nicht überraschend, Poroschenko hatte schon im Wahlkampf Neuwahlen in Aussicht gestellt. Politologe Muchin glaubt jedoch, mit der Parlamentsauflösung habe er auch die Ratifizierung des Assoziierungsabkommens um zwei Monate aufgeschoben. "Das gibt ihm Zeit, um die Wirtschaftsbeziehungen zu Moskau zu verbessern."

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