Interview mit Barbara Steffens "Gefährliche Täter kommen nicht heraus"

NRW-Gesundheitsministerin Barbara Steffens über die geplanten neuen Anstalten für psychisch kranke Täter.

 Barbara Steffens ist seit zwei Jahren nordrhein-westfälische Ministerin für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter. Die 50-jährige Grünen-Politikerin hat eine lange landespolitische Karriere hinter sich. Als Landesvorsitzende führte sie 1995 schon die ersten rot-grünen Koalitionsverhandlungen mit Johannes Rau. Sie ist geschieden und hat zwei Kinder.

Barbara Steffens ist seit zwei Jahren nordrhein-westfälische Ministerin für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter. Die 50-jährige Grünen-Politikerin hat eine lange landespolitische Karriere hinter sich. Als Landesvorsitzende führte sie 1995 schon die ersten rot-grünen Koalitionsverhandlungen mit Johannes Rau. Sie ist geschieden und hat zwei Kinder.

Foto: dpa

Gegen die fünf geplanten Kliniken für psychisch kranke Straftäter in Lünen, Haltern, Wuppertal, Reichshof und Hörstel gibt es vor Ort heftige Widerstände. Sind die Standorte verhandelbar?
Barbara Steffens: Wenn uns eine Kommune im selben Landgerichtsbezirk ein Grundstück vorschlägt, das sie für den Bau einer Maßregelvollzugsklinik besser geeignet hält, als die bisher von uns benannte Fläche, prüfen wir das selbstverständlich. In Wuppertal hat uns der Oberbürgermeister gerade ein städtisches Grundstück als Alternative zur Fläche des Landes angeboten - die Prüfung läuft.

Die Zahlen der Patienten im Maßregelvollzug ist in den letzten zehn Jahren um zwei Drittel gestiegen. Befürchten Sie eine weitere Zunahme? Müssen dann weitere Standorte gesucht werden?
Steffens: Die Erhebung für NRW, über die wir den Bedarf von zusätzlichen 750 Plätzen bis 2020 ermittelt haben, werden wir kontinuierlich fortführen, damit sich zumindest eine Situation wie jetzt nicht wiederholt: dass wir gleich fünf neue Kliniken auf einmal bauen müssen. Im gesamten Bundesgebiet nimmt die Zahl der Maßregelvollzugspatientinnen und -patienten seit Jahren zu. Ob das so bleibt, wird sich zeigen. Ich glaube, wir werden die Zunahme von psychischen Erkrankungen und Suchterkrankungen nur stoppen können, wenn es uns als Gesellschaft insgesamt gelingt, zu entschleunigen.

Wie lange bleibt ein Patient im Durchschnitt im Maßregelvollzug?
Steffens: Vor fünf Jahren hatte bereits jeder fünfte psychisch kranke Patient eine Verweildauer von mehr als zehn Jahren, mittlerweile betrifft dies jeden vierten Patienten. Damit steigt auch die Anzahl derjenigen, die lebenslang im Maßregelvollzug bleiben. Bei den suchtkranken Patientinnen und Patienten liegt die Verweildauer bei durchschnittlich 20 Monaten.

Wie wollen Sie Anwohner vor Risiken durch Freigänger schützen?
Steffens: An keinem der 14 Standorte von Maßregelvollzugskliniken hat sich durch die Existenz einer solchen Klinik die Kriminalitätsrate im Umfeld der Einrichtung erhöht. Ein Grundprinzip der Forensik lautet: Straftäterinnen und Straftäter, die weiterhin als gefährlich gelten, kommen aus der Einrichtung nicht heraus - auch nicht zu Freigängen. Ein Freigang ist erst dann möglich, wenn es deutliche Therapieerfolge gibt und diese so genannte Lockerungen zulassen. In den ersten Monaten werden solche Freigänge generell nur in Begleitung durchgeführt.

Was planen Sie, um die Akzeptanz der Bürger für die Forensik zu erhöhen?
Steffens: Wissen und Kenntnis über eine forensische Klinik können dazu beitragen, Ängste und Vorbehalte abzubauen, die gegenüber solchen Einrichtungen bestehen. Die Planung und der Bau der Klinik werden ja noch einige Zeit in Anspruch nehmen. Wir versuchen daher alle Bürgerinnen und Bürger zu ermutigen, Möglichkeiten zur Information zu nutzen. Sie können sich beispielsweise an unserer Telefonhotline unter 0800/1377137 informieren.

Gerne vermitteln wir auch Kontakte zu Einrichtungen wie beispielsweise Grundschulen und Kindergärten, die seit vielen Jahren in friedlicher Nachbarschaft mit Maßregelvollzugskliniken leben, und auch zu ehemaligen Bürgerinitiativen an den bereits bestehenden Klinikstandorten. Zudem werden an jedem neuen Standort Planungsbeiräte gebildet, über die interessierte Bürgerinnen und Bürger als Multiplikatoren für andere Planung und Bau der Klinik begleiten können.

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