Russland Gabriels russische Vergangenheit

Moskau · Vizekanzler Sigmar Gabriel führt Gespräche mit Premierminister Dmitri Medwedew und mit Oppositionellen - und überrascht mit erstaunlich russischen Details seines Lebenslaufs.

 Der deutsche Botschafter in Moskau, Rüdiger von Fritsch (l-r), Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD), Eckhard Franz, Abteilungsleiter Außenwirtschaftspolitik, Andreas Neumann, Referatsleiter Osteuropa, und die persönliche Referentin Dorothee Schneider im Gesprächs mit dem russischen Wirtschaftsminister Uljukajew.

Der deutsche Botschafter in Moskau, Rüdiger von Fritsch (l-r), Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD), Eckhard Franz, Abteilungsleiter Außenwirtschaftspolitik, Andreas Neumann, Referatsleiter Osteuropa, und die persönliche Referentin Dorothee Schneider im Gesprächs mit dem russischen Wirtschaftsminister Uljukajew.

Foto: dpa

Vor seinem Treffen mit Wladimir Putin am Mittwochabend hatte Vizekanzler Sigmar Gabriel erklärt, sein Schicksal füge sich wohl so, dass er Russland immer in schweren Zeiten besuche. „Das erste Mal war ich 1980 in der Sowjetunion, als der Westen die Olympischen Spiele boykottierte.“ Auf Nachfrage unserer Zeitung bestätigte der 57-Jährige gestern, er habe zwar von 1979 bis 1981 bei der Bundeswehr gedient, aber 1980 sei ihm erlaubt worden, mit einer Sportlergruppe des Stadtjugendrings nach Moskau und Leningrad zu reisen. „Wir hatten dort heftige Diskussionen mit russischen Komsomolzen über Afghanistan und den Boykott.“ Später bereiste Gabriel die Sowjetunion wiederholt auch selbst als Leiter von Jugendgruppen. „Ich hatte hier sogar eine russische Freundin, die ich, weil das Geld knapp war, mit Interflug über Ostberlin besuchte.“ Und seine Einstellung gegenüber Russland und den Menschen, die er dort kennengelernt habe, sei grundsätzlich positiv.

Der Vizekanzler und Wirtschaftsminister führte am Mittwoch und am Donnerstag in Moskau Gespräche mit mehreren Ministerkollegen, mit Premierminister Dmitri Medwedew, mit Oppositionellen und vor allem mit Wladimir Putin. Man habe sehr ausführlich geredet, zur Hälfte über Wirtschaftsfragen, zur Hälfte über Politik. Der Deutsche versuchte, dem russischen Präsidenten die Probleme nahezubringen, die deutschen Investoren in Russland mit der Intransparenz und Bürokratie der lokalen Verwaltung hätten. Putin habe sehr viel Bereitschaft gezeigt, den deutschen Wünschen entgegenzukommen.

Welche Wünsche Putin selbst äußerte? „Natürlich wünscht sich auch der Präsident, dass der Minsker Friedensplan realisiert wird.“ Offenbar auch mit Blick auf die westlichen Sanktionen gegen die russische Einmischung in der Ukraine.

Gabriel selbst verzichtete auf einen neuen Verbalvorstoß zum Thema Sanktionen. Aus deutscher Sicht bleibe deren Aufhebung von der Verwirklichung des Minsker Abkommens abhängig, sagte er. Die Debatte bewege sich nun um die Frage, ob man erst 100 Prozent Minsk umsetze und dann 100 Prozent Sanktionen aufhebe, oder ob Europa die Strafmaßnahmen parallel zu Minsk Schritt für Schritt lockere.

Intensiv habe man auch Syrien diskutiert, Gabriel bezeichnete den blutigen Luftangriff auf einen UN-Hilfskonvoi bei Aleppo als schweren Rückschlag. „Offenbar war syrisches Militär beteiligt, das bringt natürlich auch Russland in die Kritik.“ Er habe Putin gesagt, Moskau müsse bei den Syrern darauf dringen, dass sich das nicht wiederhole. „Aber gerade das Beispiel Syrien zeigt, dass, so weit man oft auch auseinanderliegt, ohne Russland kein großes ,internationales Problem gelöst werden kann.“

Schwierige Zeiten, wie schon 1980. Als Zeitsoldat sei er damals nach seiner Reise in die Sowjetunion vom Militärischen Abschirmdienst verhört worden, Gabriel grinst. „Darüber habe ich mich in einem Artikel lustig gemacht, und wurde prompt noch einmal verhört.“ Leider sei die Lage jetzt ernster.

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