Gabriel will trotz Unions-Kritik weniger Rüstungsexporte

Berlin · Geht es nach Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel, dann muss sich die Rüstungsindustrie in Deutschland auf härtere Zeiten einstellen. Jobs könnten nicht das Argument sein, sagt er nach einem Treffen mit Betriebsräten - die CDU wirft ihm eine "Gefährdung der nationalen Sicherheit" vor.

 Geht es nach der SPD, dann muss sich die Rüstungsindustrie in Deutschland auf härtere Zeiten einstellen. Foto: Bernd Settnik/Archiv

Geht es nach der SPD, dann muss sich die Rüstungsindustrie in Deutschland auf härtere Zeiten einstellen. Foto: Bernd Settnik/Archiv

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"Beschäftigungspolitische Gründe dürfen keine ausschlaggebende Rolle spielen", zitierte Gabriel nach einem Treffen mit rund 20 Betriebsräten die für den Export maßgeblichen politischen Grundsätze.

Diese waren im Jahr 2000 noch zu rot-grünen Zeiten beschlossen worden. Im Koalitionsvertrag hatten Union und SPD vereinbart, dass diese Richtlinien weiterhin für Exportentscheidungen gelten sollen. Besonders Waffen- und Panzerlieferungen in den arabischen Raum will Gabriel eindämmen.

"Es bedarf daher übrigens auch keiner erneuten Klärung, wie manche fordern", meinte Gabriel mit Blick auf scharfe Kritik aus der Union. Man stecke hier in einem Dilemma, aber gemäß den Richtlinien aus dem Jahr 2000 würden Exporte in sogenannte Drittstaaten außerhalb von EU- und Nato-Ländern nur in Ausnahmefällen erlaubt, wenn sie besonderen Sicherheits- und Bündnisinteressen Deutschlands entsprechen. Die Ausnahme sei unter Schwarz-Gelb aber zur Regel geworden, kritisierte Gabriel. Er will das Problem nun in einem Branchendialog erörtern.

Womöglich könne es neue Aufträge von der Bundeswehr geben, sagte er, auch eine stärkere europäische Zusammenarbeit werde geprüft. Teile der Union sehen Gabriel auf Konfrontationskurs und interpretieren den Koalitionsvertrag anders. "Was Gabriel macht, ist aus meiner Sicht eine Gefährdung der nationalen Sicherheit", sagte der wirtschaftspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Joachim Pfeiffer (CDU), der Deutschen Presse-Agentur. "Ohne eine politische Debatte in der Koalition werden Exportanfragen widerrufen oder liegengelassen." Selbst Verbündete wie Japan oder Australien seien bei Anfragen auf einmal suspekt. Deutschlands Bündnisfähigkeit werde infrage gestellt.

Gabriel konterte mit Blick auf den Koalitionsvertrag: "Einige, die sich dazu äußern, haben nicht immer ausreichende Textkenntnis."

Die Betriebsräte mahnten ein rasches Konzept an und forderten mehr Aufträge von der Bundeswehr. Jürgen Bühl von der IG Metall betonte, man sei sich einig, dass Menschenrechte wichtiger seien als Exporte. Gabriel sagte, es sei wichtig, über Anschlussprojekte bei auslaufenden Bundeswehrprojekten zu reden. Er kündigte Gespräche dazu mit Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen und Finanzminister Wolfgang Schäuble (beide CDU) an. Kein Rüstungsunternehmen sei vom Export auf die arabische Halbinsel abhängig, betonte Gabriel.

SPD-Vize Ralf Stegner pochte auf eine deutliche Einschränkung. "Ich bin glasklar dafür, dass wir keine Waffen mehr in Spannungsgebiete oder Diktaturen liefern wie unter Schwarz-Gelb", sagte er der dpa. "Man muss den Betriebsräten klar sagen: Wir wollen Euch helfen, aber Lieferungen zum Beispiel nach Saudi-Arabien könnt Ihr vergessen."

Die Ausfuhren in Länder außerhalb von EU und Nato - sogenannte Drittstaaten - waren 2013 auf Rekordhöhe gestiegen. Im vergangenen Jahr hatte die damalige schwarz-gelbe Bundesregierung aus Union und FDP Rüstungsexporte von insgesamt 8,34 Milliarden Euro genehmigt.

Die meisten Güter gingen nach Algerien (825,7 Millionen Euro), Katar (673,4 Mio.), in die USA (610,7 Mio.), nach Saudi-Arabien (361,0 Mio.) und Indonesien (295,7 Mio.). Neuerdings wird der Bundestag unmittelbar über Exportgenehmigungen des geheim tagenden Bundessicherheitsrates informiert. Dem Gremium gehören Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und acht Bundesminister an - in der Regel gilt das Prinzip der Einstimmigkeit - die SPD-Seite kann hier also viel blockieren.

Grund für das Treffen am Dienstag war auch ein Brandbrief aus dem Juni, in dem Betriebsräte das Fehlen einer klaren Linie kritisierten. Für einige Rüstungsunternehmen sei es "kurz vor zwölf".

Mit Blick auf mögliche deutsche Waffenlieferungen an die Kurden, die im Nordirak gegen die Terrorgruppe Islamischer Staat kämpfen, meinte Pfeiffer, Deutschland sollte in einer offensiven europäischen Außen- und Sicherheitspolitik mehr Verantwortung übernehmen. "Dann müssen wir mitmachen, und zwar bei allem. Da kann es kein Tabu geben."

Bisher ist unklar, welchen Beitrag Deutschland leisten will. Gabriel betonte, hier gehe es nicht um Rüstungsexporte von Unternehmen sondern um eine länderübergreifende Antwort auf die Taten der "Mordbande IS". Der außenpolitische Sprecher der Linksfraktion, Jan van Aken, warf Gabriel vor, beim Thema Rüstungsexporte nur zu reden. Man brauche ein "komplettes Exportverbot für Kleinwaffen."

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