Auf Überzeugungs-Mission Frankreichs Staatschef François Hollande verteidigt seinen Krisen-Kurs

PARIS · Er erschien ernst und entschlossen, François Hollande. Den riesigen Erwartungen an diese erste große Pressekonferenz seiner Amtszeit angemessen. Eigentlich handelte es sich bei seinem gestrigen Auftritt vor 400 Journalisten um die simple Einlösung eines Wahlversprechens, sich einmal im halben Jahr den Fragen der Medien zu stellen. Hollandes Vorgänger Nicolas Sarkozy hatte sich nur noch zur traditionellen Neujahrs-Konferenz herabgelassen.

 Versucht Zuversicht zu vermitteln: François Hollande.

Versucht Zuversicht zu vermitteln: François Hollande.

Foto: dpa

Tatsächlich aber wurde vom neuen Präsidenten erhofft, all das zu tun, was man vermisste, seit er Mitte Mai den Elysée-Palast bezogen hat: zu zeigen, dass er den gewaltigen Herausforderungen in einer angespannten ökonomischen Lage gewachsen ist und noch überzeugen kann; ein schlüssiges Konzept zu präsentieren und den Franzosen Zuversicht zu geben, dass die Sanierung Frankreichs gelingt.

"Eine Politik ist keine Ansammlung von Vorschlägen, so stark sie auch sein können, keine Anhäufung von Reformen, so nützlich sie auch sein mögen", erklärte Hollande feierlich. "Sondern eine kohärente und starke Antwort auf die Lage des Landes." Doch genau das werfen ihm seine Kritiker vor: Dass er nur eine niederschmetternde Diagnose parat hat, nicht aber die geeignete Therapie.

Zugleich wurde er nicht für einen harten Sparkurs gewählt, auch nicht für die Struktur-Reformen auf dem Arbeitsmarkt, wie Experten sie fast einhellig fordern. Sondern für die teilweise Rückkehr der Rente ab 60, die er umgesetzt hat, wie er betonte, die Reduzierung seines eigenen und des Gehalts seiner Minister um 30 Prozent oder die Schaffung neuer Stellen in der Bildung.

Von einer Erhöhung der Mehrwertsteuer hingegen war im Wahlkampf nie die Rede, noch im Sommer ließ er einen Beschluss Sarkozys, sie von 19,6 auf 21,2 Prozent anzuheben, rückgängig machen. Jetzt steigt sie um 0,4 Prozent, wie es der "Wettbewerbspakt" für die Industrie vorsieht, der auf Empfehlungen des ehemaligen EADS-Chefs Louis Gallois basiert. Der Anstieg der Mehrwertsteuer sei immerhin viermal geringer als von seinem Vorgänger vorgesehen, rechtfertigte Hollande, und der niedrige Satz auf Produkte des täglichen Bedarfs wie Lebensmittel und Energie sinke von 5,5 auf 5 Prozent. Er verstehe die Sorgen der Menschen.

Drei Prioritäten machte Hollande aus: die Neu-Orientierung Europas, die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft und die konsequente Entschuldung Frankreichs. Er wiederholte seine Entschlossenheit, das Defizit von mindestens 4,5 Prozent des BIP 2013 auf drei Prozent zu senken. Das Ziel wird von IWF und EU-Kommission bezweifelt, weil es auf Wachstumsaussichten von 0,8 Prozent basiert, die als viel zu optimistisch eingeschätzt werden. Hollande aber bäumt sich auf. Ja, er habe sich viel vorgenommen - aber viereinhalb Jahre blieben noch. "Ich bereite nicht den Ausgang einer Wahl vor. Ich bereite das Schicksal einer Generation vor."

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