Spanien vor Neuwahlen Fiasko im Königreich

Madrid · Die politische Blockade lähmt das Krisenland Spanien. Doch ob Neuwahlen an den unklaren Mehrheitsverhältnissen etwas ändern werden, ist völlig unklar.

 Löst das Parlament auf, weil sich die Parteien nicht auf eine Regierung einigen können: Spaniens König Felipe VI. (links) mit Parlamentspräsident Patxi Lopez.

Löst das Parlament auf, weil sich die Parteien nicht auf eine Regierung einigen können: Spaniens König Felipe VI. (links) mit Parlamentspräsident Patxi Lopez.

Foto: dpa

Monatelang wurde in Spanien über Pakte verhandelt, die Parteien versprachen „Aufbruch“, „Erneuerung“ und „frischen Wind“. Doch eine Regierung bekamen sie nicht zusammen – das Land ist politisch gelähmt. Nach dem Scheitern der Gespräche über die Formierung eines mehrheitsfähigen Kabinetts gibt es nun Neuwahlen im Königreich. Nach Gesprächen mit allen Parteiführern erklärte König Felipe, das Staatsoberhaupt: „Es gibt keinen Kandidaten, der im Parlament auf die notwendige Unterstützung zählen kann“. Deswegen werde er das Parlament auflösen und Neuwahlen ansetzen.

Der politische Schiffbruch stürzt das südeuropäische Euroland, das unter Massenarbeitslosigkeit und hoher Verschuldung leidet, in eine schwere Krise, deren Ausgang ungewiss ist. Laut den derzeitigen Umfragen wird sich auch bei den Neuwahlen, die voraussichtlich am 26. Juni stattfinden wird, wenig an der aktuellen politischen Blockade und den unklaren Mehrheitsverhältnissen ändern. „Neuwahlen sind nur Zeit- und Geldverschwendung“, kommentierte die Zeitung Vanguardia.

Ein Szenario, das in der EU-Zentrale in Brüssel, wo man von Madrid wichtige Wirtschaftsreformen und milliardenschwere Einsparungen erwartet, mit Sorge beobachtet wird. „Die Reformpolitik ist völlig zum Stillstand gekommen“, warnte das Blatt El Mundo. Auch Neuwahlen würden das Land nicht weiterbringen, sondern seien „ein Fiasko“.

Das Land musste 2012 mit einem Notkredit von 41 Milliarden Euro vor der Pleite gerettet werden, nachdem die marode Bankenbranche in Schieflage geraten war. Anfang 2015 konnte das Königreich den Rettungsschirm wieder verlassen. Doch die Staatsschulden sind immer noch nicht unter Kontrolle, das mit Brüssel ausgehandelte Defizitziel wurde im vergangenen Jahr weit verfehlt.

Der letzte Urnengang am 20. Dezember hatte ein zersplittertes Parlament hervorgebracht, in dem weder der seit Ende 2011 regierende konservative Ministerpräsident Mariano Rajoy noch der oppositionelle Sozialistenchef Pedro Sánchez eine ausreichende Regierungsmehrheit haben. Und in dem die beiden neu ins Parlament eingezogenen Parteien, die linksalternative Protestbewegung Podemos (Wir können) und die konservativ-liberale Plattform Ciudadanos (Bürger), zu wichtigen Mitspielern im Machtpoker wurden.

Aber alle Hoffnungen auf eine tragfähige Mehrparteienkoalition zerschlugen sich: Die Sozialisten lehnten eine große Koalition mit den Konservativen ab, die durch Korruptionsskandale belastet sind. Auch ein Linkspakt mit Podemos schmeckte dem Sozialisten Sánchez nicht, weil ihm die Forderungen von Podemos-Chef Pablo Iglesias zu weit gingen. Podemos wollte eine sozialliberale Koalition aus Sozialisten und Cuidadanos nicht unterstützen. Und mit dem Konservativen Rajoy liebäugelte nur die liberale Bürgerpartei, was ebenfalls nicht zum Regieren reichte. Bei der Wahl im Dezember hatten die Konservativen ihre bisherige absolute Mehrheit verloren und waren auf 29 Prozent abgerutscht. Die Sozialisten erlebten ebenfalls ein Debakel und holten nur 22 Prozent. Die Protestbewegung Podemos, die mit der griechischen Syriza verbrüdert ist, kam auf 21 Prozent. Die wie Podemos erstmals angetretene Bürgerpartei Ciudadanos hatte 14 Prozent bekommen. Zudem hatten noch mehrere kleine Links- und Regionalparteien Mandate errungen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort