Kommentar zur Sicherheitspolitik in NRW Fehlerbehaftet

Meinung | Bonn · Am Wochenende beginnt in NRW die heiße Phase. Kann die Debatte um den Fall Amri und die Sicherheitspolitik in NRW den Beliebtheitswert von Hannelore Kraft doch noch mindern und zum Top-Thema im Wahlkampf werden?

 NRW-Innenminister Ralf Jäger steht in Düsseldorf vor dem Untersuchungsausschuss zum Fall Amri.

NRW-Innenminister Ralf Jäger steht in Düsseldorf vor dem Untersuchungsausschuss zum Fall Amri.

Foto: dpa

Wenn am Wochenende CDU und FDP zu ihren Landesparteitagen zusammenkommen und die SPD ihren Wahlkampfauftakt zelebriert, dann beginnt in Nordrhein-Westfalen das, was gemeinhin mit heißer Phase bezeichnet wird. Sieben Wochen sind es dann noch bis zum Wahltag am 14. Mai. Zeit genug für die Parteien, um ihre Botschaften unters Volk zu bringen. Dann wird es vor allem um Fragen zur Inklusion, zum neunjährigen Gymnasium, zu den Kitas, zur wirtschaftlichen Entwicklung des Landes oder zu den Staus an Rhein und Ruhr gehen.

Doch die vergangenen Tage haben gezeigt, dass der Fall des Berliner Weihnachtsmarktattentäters Anis Amri und der Umgang der Landesregierung damit dazu führen könnten, dass die Sicherheitspolitik in NRW zu dem Thema des Wahlkampfs wird. Noch gibt es keine ausgeprägte Wechselstimmung und Ministerpräsidentin Hannelore Kraft kann mit hohen Beliebtheitswerten punkten. Doch das kann sich schnell ändern.

Logisch, dass Landesinnenminister Ralf Jäger am Mittwoch im Untersuchungsausschuss die Vorwürfe seines Amtskollegen im Bund, Thomas de Maizière, zurückwies, man hätte versuchen können, einen Gerichtsbeschluss zur Inhaftierung Amris zu erwirken. Problematischer ist das Verhalten der Staatskanzlei: Wer einen Gutachter bestellt, um den Fall aufzuarbeiten und so das Ziel verfolgt, die NRW-Behörden zu entlasten, der darf keine so gravierenden Fehler machen. Als in der Staatskanzlei bekannt wurde, dass sich der Gießener Jurist Bernhard Kretschmer um eine Professur in NRW bemühte, hätte klar sein müssen, dass man ihm den Auftrag nicht geben darf. Doch man wollte unbedingt vor der Wahl das Gutachten haben. Nach einer Neuausschreibung wäre das zeitlich wohl schwierig geworden. Also galt das Motto: Augen zu und durch.

Die Regierung hat zwar jetzt ihre Entlastung, doch statt Ruhe einen veritablen Koalitionskrach, denn die Grünen haben das einzig richtige getan, nämlich eine Neuvergabe des Gutachtens ins Spiel gebracht. Der Umgang mit dem Fall Amri reiht sich in die von vielen Fehlern behaftete Innenpolitik ein. Ob es um Fehleinschätzungen im Vorfeld der Kölner Hogesa-Demonstration ging oder darum, wie man mit den Vorfällen in der Silvesternacht 2015/16 umging, immer wieder stand vor allem Jäger in der Schusslinie. Dass er weiter im Kabinett sitzt, dürfte die Opposition freuen, denn so kann sie genüsslich aufspießen, was alles falsch gelaufen ist.

Ob die CDU als größte Oppositionspartei davon profitieren kann? Solange die Partei sich wenige Wochen vor der Wahl über das Programm streitet, wie jüngst um den Nichtraucherschutz oder dieser Tage um die Anzahl der Kommissarsanwärter, anstatt das Bild einer geschlossenen und erfolgshungrigen Partei abzugeben, wohl kaum. Denn so etwas gefällt dem Wähler in aller Regel nicht.

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