Kommentar zur Populismusstudie Europas Populisten sind in Furcht vereint

Meinung | Berlin · Angst ist eine starke Kraft. Tatsächlich aber ist die EU die größte Leistung der Europäer für Einheit und Frieden des Kontinents. Wer die EU aufgibt, bekommt weniger und nicht mehr Sicherheit und Wohlstand.

Ukip in Großbritannien, die Front National in Frankreich, die FPÖ in Österreich, die Partij voor de Vrijheid in den Niederlanden, die Protestbewegung „Fünf Sterne“ in Italien, Fidesz in Ungarn, die Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) in Polen und schließlich die Alternative für Deutschland (AfD) hierzulande.

Seit geraumer Zeit sind rechtsnationale oder (rechts-)populistische Parteien in Europa auf dem Vormarsch – mit bedrückendem Erfolg. Wer es vergessen hat: Zuletzt schaffte die AfD bei den Landtagswahlen in Sachsen-Anhalt (24,2 Prozent) und Mecklenburg-Vorpommern (20,8 Prozent) aus dem Stand den Sprung auf Platz zwei. Die etablierten Parteien in den Parlamenten stehen einigermaßen hilflos vor dem Phänomen, dass Millionen Menschen in ganz Europa, die sich von der Politik enttäuscht und resigniert über Jahre abgewandt hatten, nun als Wähler zurückgekommen sind.

Doch es hilft nicht, Menschen dafür zu beschimpfen, dass sie die Vorzüge der freien und offenen Gesellschaft nicht mehr erkennen wollen. Der Zulauf für die Rechtsparteien ist da, und er hat Ursachen. Woher er kommt? Eine Studie der Bertelsmann-Stiftung hat dazu jetzt eine Antwort gegeben, die ebenso einfach klingt wie deren Gründe komplex sind: Angst.

Es ist die Angst vor der Globalisierung, vor den Umwälzungen eines weltweiten Veränderungsprozesses, der bis tief in die Gesellschaften reicht. Von den Regierenden in Deutschland und Europa wird die Globalisierung gemeinhin als Chance und Notwendigkeit beschrieben. Doch große Umwälzungen, wie der Eintritt in das digitale Zeitalter, die weltweite Vernetzung von Volkswirtschaften und der hohe Veränderungsdruck, haben eben auch Verlierer produziert.

Es sind Menschen, die dieses hohe Tempo nicht mitgehen können, die für den internationalen Wettbewerb nicht ausreichend ausgebildet und vorbereitet sind. Menschen, die sich abgehängt fühlen, aber nun entdecken, dass sie mit Parteien, die den Weg zurück zum Nationalstaat gehen wollen, plötzlich wieder eine Stimme haben.

Und so verwundert es nicht, dass nach dem Ergebnis der Studie 47 Prozent der Globalisierungspessimisten für einen EU-Austritt stimmen würden. Der Brexit hat den Beleg für den Wunsch nach weniger Union und mehr Nationalstaat geliefert, was fatale Folgen für Frieden und Sicherheit in Europa haben könnte, würden weitere Staaten dem britischen Beispiel folgen.

Dahinter steht die Illusion, die Rückbesinnung auf den Nationalstaat, der keine Solidarität in einem Klub der 28 Staaten verlangt, würde mehr Sicherheit, mehr Identität und weniger Konkurrenz durch Fremde bringen. Angst ist eine starke Kraft. Tatsächlich aber ist die EU die größte Leistung der Europäer für Einheit und Frieden des Kontinents. Wer die EU aufgibt, bekommt gerade im Zeitalter der Globalisierung weniger und nicht mehr Sicherheit und Wohlstand.

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