Urteil des Landgerichts Köln Entschädigung für Altkanzler Kohl

Köln · Das Landgericht Köln verurteilt Autoren und Verlag von umstrittenem Buch zu Schadenersatz in Rekordhöhe. Die Kammer erklärte, dass viele der im Buch verwendeten Zitate entweder aus dem Zusammenhang gerissen oder im abgedruckten Wortlaut so nicht gefallen seien.

 Siegt vor Gericht: Altbundeskanzler Helmut Kohl.

Siegt vor Gericht: Altbundeskanzler Helmut Kohl.

Foto: dpa

Das Urteil des Landgerichts Köln ist ein Triumph für Helmut Kohl und gleichzeitig ein Rekord: Sein ehemaliger Ghostwriter Heribert Schwan, dessen Co-Autor Tilman Jens und die Random House Verlagsgruppe müssen dem Altkanzler zusammen eine Million Euro Entschädigung zahlen. Durch zahlreiche Passagen im Buch „Vermächtnis – Die Kohl-Protokolle“, in denen der 87-Jährige mit vernichtenden Äußerungen über Personen wie Angela Merkel oder Richard von Weizsäcker zitiert wurde, sei es zu einer schweren Persönlichkeitsrechtsverletzung gekommen, begründete die Zivilkammer am Donnerstag ihr Urteil. Bisher gab es in Deutschland noch keinen solchen Fall mit so einer hohen Entschädigungssumme.

„Es geht Helmut Kohl den Umständen entsprechend gut“, erklärte Rechtsanwalt Thomas Hermes am Donnerstag. Der 87-Jährige nehme auf jeden Fall vollen Anteil am „nachvollziehbaren Urteil“ des jahrelangen Rechtsstreits. Das Gericht habe für dieses die Begründung der Kläger übernommen. Nur die Summe wurde verringert. Kohl forderte nach Veröffentlichung des von ihm nicht abgesegneten Buches fünf Millionen Euro.

Schwan war von dem „existenzbedrohenden“ Urteil sichtlich erschüttert. „Mit einer Rekordsumme habe ich nicht gerechnet“, sagte er. Doch nicht nur die Höhe der Entschädigung, sondern auch ein Argumentationswandel seitens der Kammer verwundert Schwan. Diese erklärte am Donnerstag, dass viele der im Buch verwendeten Zitate entweder aus dem Zusammenhang gerissen oder im abgedruckten Wortlaut so nicht gefallen seien. Das habe eine Prüfung der Kohl-Tonbänder ergeben. Zuvor war das Hauptargument, die Zitate hätten unter Geheimhaltung gestanden. Aufgenommen wurden die Mitschnitte 2001 und 2002, als Kohl Schwan sein gesamtes Leben erzählte. Der Ghostwriter verfasste später, mit Zustimmung des Altkanzlers, drei Bände der Kohl-Memoiren. Dann zerstritten sich Kohl und Schwan; der letzte Memoirenband blieb unveröffentlicht, dafür publizierte Schwan die umstrittenen „Kohl-Protokolle“.

Das Gericht argumentierte weiter, „dass der Kläger sich kaum noch äußern“ und somit auch kaum verteidigen kann. Schwan und Jens hätten sich noch zu Kohls Lebzeiten die Deutungshoheit über ihn angemaßt und diese mit verfälschten Zitaten belegt. Darauf wolle das Gericht mit einer „spürbaren Konsequenz“ reagieren. „Das ist für uns neu“, erwiderte Schwan. Er wolle nun vor dem Oberlandesgericht in Berufung gehen und hoffe auf die Einschätzung dieser nächsten Instanz.

Außerdem untersagte das Landgericht den drei Beklagten in einem weiteren Urteil, die 116 strittigen Zitate zu verbreiten.

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