Kommentar zum Gesetz zur leichteren Abschiebung Ein Schmaler Grat

Meinung · Abgelehnte Asylbewerber sollen künftig schneller abgeschoben werden, beschloss das Bundeskabinett am Mittwoch. Schon ist man wieder bei der Frage: Wie viel Sicherheit gibt es für wie viel Freiheit? Und wie viel Anspruch auf Schutz gibt es für wie wenig Kooperation bei der Klärung der Identität?

 Zwei Bundespolizisten nehmen einen Reisenden ohne Ausweispapiere fest.

Zwei Bundespolizisten nehmen einen Reisenden ohne Ausweispapiere fest.

Foto: dpa

Das Grundrecht auf Asyl ist ein hohes, ein vom Grundgesetz geschütztes Gut. Es verträgt keine Obergrenze, weil Recht als solches nicht limitiert sein kann. Es verträgt aber auch keine falschen oder gar keine Angaben zu Herkunft und Identität, weil der Staat keine Spielwiese sein kann, auf der sich Menschen für eine bessere Eintrittskarte aussuchen, woher sie am günstigsten stammen.

Wenn die Bundesregierung nun für das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Gesetz auf den Weg bringt, mit dem Fallbearbeiter im Zweifel auch die Handydaten von Flüchtlingen auslesen dürfen, dann ist das ohne Zweifel ein erheblicher Grundrechtseingriff. Die Kritik an diesem Instrument, für das die Bundesregierung nun die rechtliche Basis geschaffen hat, ist verständlich. Wenn künftig bei Flüchtlingen in großem Stil die Daten ihrer Handys ausgelesen werden sollen, wäre das unverhältnismäßig. Wenn es das letzte Mittel ist, um die Identität von Antragstellern zu klären, die partout nicht mit dem Land kooperieren wollen, in dem sie um Schutz nachfragen, dann kann man es vertreten. Kein schöner, aber in bestimmten Fällen ein leider notweniger Schritt, denn die Verweigerung oder gezielte Irreführung von Behörden ist keine besonders empfehlenswerte Visitenkarten von Menschen, die hier um Aufnahme bitten.

Wieder geht es um Abwägung, wieder ist von einer Gängelung durch den Staat, von einem Beschränken von Grund- und Freiheitsrechten die Rede. Terrorgefahr und Flüchtlingszuzug haben sich auf ungute Weise miteinander vermischt. Viele Staaten, auch Deutschland, haben in der Folge von Anschlägen mit schärferen Gesetzen reagiert. Auch dieses Gesetz „zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht“ kann man als eine Konsequenz aus dem Anschlag auf einen Weihnachtsmarkt in Berlin sehen. Der Attentäter dort, der Tunesier Anis Amri, wäre vermutlich weder mit einer elektronischen Fußfessel noch mit einer auf maximal zehn Tage erhöhten Abschiebehaft von seiner Tat abzuhalten gewesen. In den Maghreb-Staaten ist es verbreitete Praxis, eigene Landsleute, die vom Ausland als terroristische Gefährder eingestuft sind, nicht zurückzunehmen oder ihre Wiedereinreise lange hinauszuzögern.

Doch wenn Deutschland weiter eine Grundbereitschaft in der Bevölkerung zur Aufnahme von Menschen aus der Not von Krieg und Bürgerkrieg abrufen will, dann muss Integration gelingen, und dann müssen auch Menschen, die keine begründete Perspektive haben, das Land wieder verlassen. Zwischen Aufnahme und Ablehnung ist oft nur ein schmaler Grat. Aber das Bleiberecht zu überdehnen, hieße am Ende denen, die wirklich Schutz brauchen, die Tür zu weisen.

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