Parteitag der Grünen Ein Gruß aus Paris, ein Blick nach München

Halle · Ein Gruß aus dem 11. Pariser Arrondissement. Cécile Duflot ist zugeschaltet: Die Co-Vorsitzende der Grünen-Fraktion in der französischen Nationalversammlung wäre in diesen Minuten gerne bei ihren politischen Freunden in Deutschland.

 Die Vorsitzenden der Grünen Simone Peter und Cem Özdemir.

Die Vorsitzenden der Grünen Simone Peter und Cem Özdemir.

Foto: dpa-Zentralbild

Aber in diesen Tagen des Terrors muss eine Videobotschaft live in Halle an der Saale genügen - wieder an einem schlechten Tag für den Frieden. Vor einer Woche haben Krieger und Selbstmord-Attentäter der Terrormiliz "Islamischer Staat" die französische Hauptstadt Paris ins Herz getroffen und die Welt geschockt.

Sieben Tage später hat der Terror schon wieder zugeschlagen: in Bamako, der Hauptstadt des westafrikanischen Mali kapern mutmaßliche Islamisten ein Hotel. Wieder hat es Tote gegeben. Die rund 800 Delegierten in Halle haben sich für eine Schweigeminute von ihren Stühlen erhoben.

Grünen-Politikerin Duflot sagt, es sei "ein emotionaler Moment zu Euch zu sprechen", wo tags zuvor die Nationalversammlung für eine Verlängerung des Notstandes gestimmt habe. Duflot erinnert daran, dass die Grünen "Verteidiger der Grundwerte" seien und gerade jetzt eine "Mobilisierung der Zivilgesellschaft wie nie zuvor" gebraucht werde. Und auch Grünen-Chef Cem Özdemir mahnt, jetzt müssten Werte wie Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit hoch gehalten werden. "Muslime haben genauso Angst vor diesen Terroristen wie jeder andere auch. Wir stehen zusammen - gerade jetzt erst recht." Özdemir bekommt stehenden Applaus.

Co-Chefin Simone Peter ist in ihrer Auftaktrede gleichfalls bei den Opfern der Attentate: "Die Barbarei dieser Taten lässt uns fassungslos zurück." Erst Paris, nun Bamako. Doch Peter appelliert, sich nicht von jenen "verführen" zu lassen, "die jetzt nach Krieg rufen". Kriege gegen den Terror hätten nur neue Kriege erzeugt.

Die Grünen wollen "mit Besonnenheit und Solidarität gegen die Angriffe auf Freiheit und Demokratie" reagieren. "Wir werden nicht einknicken vor denen, die diese Werte mit Terror, Gewalt und Fanatismus zerstören wollen", heißt es in einem Dringlichkeitsantrag des Bundesvorstandes. Die Anschläge von Paris verdeutlichten "einmal mehr, dass wir in Europa zusammenstehen müssen. Die Krisen im Inneren wie im Äußeren können wir nur gemeinsam meistern." Weitere Abschottung, das Errichten neuer Mauern oder die Verweigerung von Solidarität in der Flüchtlingsfrage führten "in die Sackgasse".

Für mehr innere Sicherheit fordern die Grünen eine besser vernetzte Polizeiarbeit in Europa. Der Parteitag spricht sich für zielgerichtete Ermittlungen "bei konkreten Verdachtsmomenten" aus, statt europaweit Bürgerrechte durch anlasslose Massenüberwachung und Vorratsdatenspeicherung zu beschneiden. Die Grünen lehnen allerdings sowohl Luftangriffe gegen den IS wie auch den Einsatz von Bodentruppen ab. Es gehe darum, "die ideologischen und finanziellen Quellen von ISIS in Saudi-Arabien und in den Golfstaaten auszutrocknen".

Die Grünen wollen von ihrem Parteitag in Halle Rückenwind für 2016 mit Landtagswahlen in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt mitnehmen. "Natürlich legen wir uns ins Zeug, damit Winfried Kretschmann Ministerpräsident bleibt", sagt Parteichefin Peter. Zurzeit sieht es für Kretschmann gut aus: Nach dem jüngsten ZDF-Politbarometer kämen die Grünen im Südwesten auf 27 Prozent, wenngleich die Mehrheit für Grün-Rot bei aktuell nur 18 Prozent für die SPD auf der Kippe steht. Peter blickt nach München zum CSU-Parteitag. Vor drei Monate habe sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) entschieden, die Grenzen zu öffnen für Flüchtlinge in höchster Not.

"Das war richtig. Das war mutig", ruft Peter unter Applaus der 800 Delegierten in den Saal. Doch nun rüttele auch die Union am Grundgesetz und diskutiere über Obergrenzen für Flüchtlinge und Transitzonen. Beides "verfassungswidrig". Im kommenden Jahr wolle man "knallgrüne Alternative zur Lethargie der Großen Koalition" sein. Und dann formuliert Peter das erhoffte Ziel: "2017 bringen wir sie zu Fall."

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