Neuer Chef der US-Demokraten im Porträt Ein Bürgerrechtler als Hoffnungsträger

Washington · Tom Perez ist neuer Chef der US-Demokraten. Nach der verlorenen Präsidentschaftswahl steht er vor einem Scherbenhaufen.

 Thomas Perez ist neuer Parteichef der Demokraten in den USA.

Thomas Perez ist neuer Parteichef der Demokraten in den USA.

Foto: dpa

Die Präsidentschaftswahl verloren, in beiden Parlamentskammern in der Minderheit, die innerparteilichen Lager zerstritten bis gelähmt, kaum mehr Macht in den Bundesstaaten: Der Problemberg, den Tom Perez vor sich hat, besitzt Mount Everest-Format. Trotzdem will sich der 55-Jährige der Aufgabe stellen und den nach der Niederlage von Hillary Clinton überfälligen Reformprozess der demokratischen Partei in Amerika lenken. Mit 235 Stimmen haben die Delegierten in Atlanta den Sohn von Einwanderern aus der Dominikanischen Republik am Wochenende an die Spitze des Demokratischen Nationalkomitees (DNC) gewählt. Sein Konkurrent, der afro-amerikanische Abgeordnete Keith Ellison, erhielt 200 Stimmen. Er wird Perez' Stellvertreter.

Der neue Kopf der Demokraten, der mehr Generalsekretär- denn Parteichef-Kompetenzen besitzt, rief erwartungsgemäß den Kampf gegen Donald Trump – „den schlechtesten Präsidenten in der Geschichte der Vereinigten Staaten“ – zur vornehmsten Parteiaufgabe aus.

Bis zu den Zwischenwahlen im Kongress 2018 will Perez die Partei organisatorisch, finanziell, programmatisch und mental so aufrichten, dass zumindest im Senat die knappe republikanische Mehrheit gebrochen werden könnte. Die Erfolgsaussichten werden allerdings derzeit gering eingeschätzt. Die Partei hat in den regionalen Parlamenten im vergangenen November annähernd 1000 Sitze eingebüßt. Sie stellt nur noch in 16 von 50 Bundesstaaten den Gouverneur. Geldgeber, unverzichtbar in der US-Demokratie, haben sich vielerorts abgewandt. Vor allem in ehemals industriell geprägten Landesteilen haben sich traditionell den Demokraten nahestehende Wählerschichten (Arbeiter, sozial Schwächere) Donald Trump und den Republikanern zugewandt.

Perez, dem Ex-Präsident Obama gestern eine glückliche Hand wünschte, erwartet innerparteilich eine heikle Versöhnungsaufgabe. Der Clinton unterlegene Präsidentschaftsbewerber Bernie Sanders (75) und die wortgewaltige Senatorin Elizabeth Warren (67) gelten nach wie vor als die zentralen Sprachrohre der Parteilinken. Beide fallen wegen ihres Alters für das nächste entscheidende Wahljahr 2020 als potenzielle Kandidaten voraussichtlich aus. Jüngere, eher moderate Vertreter mit Potenzial wie die Senatoren Corey Booker und Kamala Harris haben noch zu wenig Statur, um Rollen in der ersten Reihe einzunehmen.

Perez will sich nach eigenen Worten zunächst darum kümmern, das akut bedrohte Obama-Erbe (Krankenversicherung) vor der republikanischen Abrissbirne zu schützen. Dazu will der in den Gewerkschaften gut vernetzte Jurist die momentane Stimmung nutzen: Tausende republikanische Wähler, die von „Obamacare“ profitieren, bedrängen derzeit ihre Abgeordneten, die staatlich subventionierte Krankenversicherung zu reformieren – aber keinesfalls abzuschaffen.

Tom Perez wurde als das jüngste von fünf Kindern 1961 in Buffalo/New York geboren. Sein Vater starb, als er zwölf Jahre alt war. Ende der 80er Jahre schloss Perez in Harvard sein Jurastudium mit Auszeichnung ab. Er arbeitete bereits für die Regierung von Bill Clinton.

2009 berief Präsident Obama ihn als Spezialist für Bürgerrechte ins Justizministerium. Von 2013 bis 2017 leitete er das Arbeitsministerium. Perez und seine Frau Ann Marie Staudenmaier haben drei Kinder.

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