Import-Stopp EU führt ab September keine Siedlerware aus Israel mehr ein

JERUSALEM · Tsilli Goldberg gehört zu einer Gruppe Israelis, die ihren Protest gegen die israelische Besatzungspolitik zeigen, indem sie bestimmte Waren nicht mehr kaufen. "Statt Wein vom Golan kaufe ich argentinischen", sagt die pensionierte Grundschullehrerin.

Allerdings ist sie frustriert, weil sie mit ihrem Widerstand an Grenzen stößt: "Wenn man es genau nimmt, kann man zwischen Erzeugnissen aus den besetzten Gebieten und aus Kern-Israel gar nicht trennen."

Während in Kairo die Verhandlungen über einen Waffenstillstand im Gaza-Streifen weiterlaufen, beschäftigen sich die israelischen Medien mit einem weiteren, brisanten Thema: Es geht um neue Deklarationspflichten für israelische Geflügelerzeugnisse, die in die EU exportiert werden.

Brüssel erlaubt die Einfuhr vom 1. September an nur noch für Geflügel, das die israelische Lebensmittelkontrolle als Erzeugnis aus Israel innerhalb der Grenzen von 1967 bescheinigt hat. Damit soll ausgeschlossen werden, dass in europäischen Geschäften Geflügel aus dem Westjordanland, Ost-Jerusalem oder den Golan-Höhen ausliegen. Völkerrechtlich sind diese Gebiete nicht anerkannt.

Die EU will die im Februar getroffene Entscheidung nicht als Verbot oder Boykott israelischer Siedlerwaren erscheinen lassen. Vorerst bezieht sich der Beschluss nur auf Geflügelprodukte, wie die EU der israelischen Regierung schriftlich Ende Juli mitteilte. Mündlich hat Brüssel den Israelis angekündigt, dass sich die Deklarierungspflicht auch auf Milchprodukte erstrecken könnte.

Das Agrarministerium hat nach Angaben von AFP die Unternehmen bereits aufgefordert, die Produktion von Geflügelfleisch, Legehennen und Eiern strikt zu trennen, so dass nach Europa nur noch Waren innerhalb der 67-er Grenzen ausgeführt werden.

Die Kooperationsbereitschaft Israels mag überraschen. Sie hängt offenbar damit zusammen, dass die Regierung jetzt keinen Ärger will, nachdem der EU-Außenministerrat am Freitag die Entwaffnung der Islamisten in Gaza gefordert hatte.

Dort teilte das Gesundheitsministerium mit, dass es in dem Palästinensergebiet durch israelischen Beschuss während des Krieges über 2000 Tote gegeben habe - einige der über 10.000 Verwundeten erlagen während der Feuerpause in den vergangenen Tagen ihren Verletzungen. Palästinenserpräsident Mahmud Abbas reiste unterdessen nach Doha, wo er am Dienstag mit dem Chef der radikalislamischen Hamas, Chaled Maschaal, über die ägyptische Waffenstillstandsinitiative sprechen will.

Die im Exil lebende Hamas-Spitze hat sich seit Beginn der internationalen Vermittlungsbemühungen im Gaza-Krieg sehr viel ablehnender gegenüber einer Waffenruhe gezeigt als die Hamas-Führung in Gaza selbst.

Die Ägypter sollen Israelis und Palästinensern einen Elf-Punkte-Plan unterbreitet haben, der eine schrittweise Öffnung des von Israel blockierten Gaza-Streifens und den Wiederaufbau der zerstörten Infrastruktur vorsieht. Dafür hat Norwegen eine internationale Geberkonferenz angekündigt.

Der von der Hamas geforderte Bau eines Flughafens und eines Seehafens findet darin als mögliches Zukunftsprojekt Erwähnung. Von einer Entmilitarisierung des Gaza-Streifens ist in israelischen Medien nicht die Rede. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu betont immer wieder, er werde nur zustimmen, "wenn es eine klare Antwort auf unsere Sicherheitsbedürfnisse gibt".

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