Transatlantischer Handel EU erhebt höhere Import-Zölle als USA

Washington · Die EU ist kein Paradies für Freihändler - das belegen Berechnungen des Münchner Ifo-Instituts für Wirtschaftsforschung. Vielmehr sei die EU bezüglich Zollsätzen etwas protektionistischer als die USA.

 Kühe auf einer Alm in Tirol.

Kühe auf einer Alm in Tirol.

Foto: picture alliance / Stephan Janse

In der US-Hauptstadt Washington geben sich derzeit führende Politiker aus Europa die Klinke in die Hand, um US-Präsident Donald Trump von Strafzöllen auf Aluminium und Stahl abzubringen, die der Europäischen Union ab Mai drohen. So klar sind die Rollen zwischen den USA und Europa aber nicht verteilt, wenn es um freien transatlantischen Handel geht. Das belegen Berechnungen des Münchner Ifo-Instituts für Wirtschaftsforschung. Bislang sei die EU bezüglich Zollsätzen etwas protektionistischer als die USA, urteilt Ifo-Handelsexperte Gabriel Felbermayr in einer Studie. Während die Europäer im Schnitt 5,2 Prozent Zoll erheben würden, kämen die Amerikaner auf vergleichsweise nur 3,5 Prozent.

„Die EU ist keineswegs das Paradies für Freihändler, für das sie sich gerne hält“, stellt der Ökonom klar. Häufig würden die beiden transatlantischen Handelspartner allerdings Zölle auf Produkte erheben, die sie gar nicht in nennenswerten Mengen herstellen. Zudem gebe es jeweils ausgemachte Zollspitzen. So erhebe die EU aktuell auf 96 Produkte wie Rindfleisch Einfuhrzölle von über 30 Prozent. Umgekehrt sei das bei den USA bei 24 Produkten wie Tabak und Zucker der Fall.

Ein realistisches Bild der protektionistischen Ausgangslage ergibt sich, wenn man den Blick auf diejenigen Produkte richtet, bei denen die jeweiligen Exportnationen wettbewerbsfähig wären, aber von hohen Zöllen abgeschreckt werden. So gesehen seien EU-Milchprodukte besonders stark von bestehenden US-Zöllen von gut 20 Prozent betroffen, sagt Felbermayr. Noch mehr gilt das bei Kleinlastwagen, zu denen die USA auch derzeit bei Verbrauchern besonders gefragte Geländewagen zählen. Hier lägen die US-Importzölle momentan im Schnitt bei 22 Prozent. Andererseits schlägt die EU auf aus den USA importierte Pkw zehn Prozent Zoll auf und schützt auch ihre Lebensmittelwirtschaft mit hohen Zöllen vor US-Importen.

„Wenn US-Präsident Donald Trump über massive Zölle klagt, hat er also zumindest punktuell nicht unrecht“, findet Felbermeyr. Lösung des Problems sei aber eine allgemeine Absenkung verbleibender Zölle und nicht eine zollpolitische Aufrüstung.

Auch die Lage bei Stahl und Aluminium, wo Trump die heimische Industrie vor ausländischer Konkurrenz mit Zöllen schützen will, hat Ifo unter die Lupe genommen. Hier seien die Preise bei teils starken Schwankungen seit 2005 unter dem Strich kaum verändert, was Trumps Dumpingthese widerspricht. Zum anderen seien, vom Standpunkt der USA aus betrachtet, die Importmengen in diesem Zeitraum weitgehend unverändert geblieben, also entgegen Trumps Aussagen keine Überflutungen des US-Markts feststellbar.

Eine rechtliche Beurteilung von Trumps Zollpolitik hält Ifo für alles andere als trivial. Der US-Präsident betrete mit seinem Vorgehen weitgehend handelspolitisches Neuland. Auch die ohnehin als Institution geschwächte Welthandelsorganisation WTO könne kaum helfen. Mit Blick auf sie spricht Ifo von WTO-rechtlichem Niemandsland.

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