Abfallberge verhindern EU-Kommission erwägt Vorschlag für europäische Plastiksteuer

Brüssel · Deutschland und andere EU-Staaten haben ihren Plastikmüll lange nach China verschifft. Damit ist seit Anfang des Jahres Schluss. Muss es nun eine Plastiksteuer geben, um Abfallberge in der EU zu verhindern?

Auf die EU-Bürger könnte in einigen Jahren eine Plastiksteuer zukommen. EU-Kommissar Günther Oettinger kündigte am Mittwoch in Brüssel die Prüfung einer solchen Zwangsabgabe an. Sie könnte seinen Vorstellungen zufolge zum Umweltschutz beitragen und gleichzeitig eine neue Einnahmenquelle für den EU-Haushalt sein.

„Wir produzieren, nutzen zu viele Kunststoffe, zu viel Plastik, die trotz Recycling zu Abfällen werden“, sagte der deutsche CDU-Politiker nach Beratungen mit EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und den anderen Kommissaren. Weil China zum 1. Januar dieses Jahres einen Importstopp für Plastikabfälle erlassen habe, sei das Problem noch einmal drängender geworden.

In dem Land waren bisher große Müllmengen aus der EU recycelt worden. Die Zeiten, in denen in China aus europäischem Plastikmüll Spielzeug hergestellt worden sei, sei damit vorbei, sagte Oettinger.

Wann die EU-Kommission darüber entscheidet, ob sie den EU-Staaten offiziell die Einführung einer Plastiksteuer vorschlägt, ließ Oettinger unter Verweis auf noch ungeklärte Fragen offen. Derzeit werde beispielsweise noch geprüft, ob eine solche Steuer am besten schon von den Produzenten oder erst von den Verbrauchern gezahlt werden sollte. Überlegen müsse man zudem, in welchen Bereichen möglicherweise Ausnahmen gemacht werden müssten.

Als Beispiel nannte Oettinger Milchprodukte. Dieser werden oft in Kunststoffverpackungen verkauft, die geruchs- und geschmacksneutral, leicht und hygienisch sind.

Oettinger äußerte sich am Mittwoch auf einer Pressekonferenz zur EU-Finanzplanung für das nächste Jahrzehnt zu den Plänen. Dabei kündigte er auch an, sich dafür einzusetzen, die Einnahmen aus dem europäischen Emissionshandel künftig in den EU-Haushalt fließen zu lassen. Das 2005 begonnene Handel mit Verschmutzungsrechten ist eines der wichtigsten Instrumente für den Klimaschutz in der EU. Die Einnahmen fließen bislang allerdings in die Haushalte der Mitgliedstaaten. Deutschland nahm 2012 beispielsweise 3,2 Milliarden Euro durch den Handel ein.

Die Entscheidung über die europäische Finanzplanung für die Jahre nach 2020 gilt als eine der heikelsten, die in der nächsten Zeit auf die EU zukommen. Die Mitgliedstaaten müssen sich unter anderem darüber einig werden, wie beziehungsweise ob sie die durch den Brexit entstehende Lücke im Gemeinschaftshaushalt stopfen wollen.

Nach Angaben Oettingers werden durch den Austritt Großbritanniens jährlich zwischen zwölf und 13 Milliarden Euro fehlen. Er schlägt vor, 50 Prozent des Betrags einzusparen und die anderen 50 Prozent mit zusätzlichen Beiträgen der verbleibenden 27 EU-Staaten zu decken. Einen detaillierten Vorschlag für den künftigen mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) der Europäischen Union will der CDU-Politiker im Mai vorlegen.

Eine Plastik-Steuer zur Finanzierung der künftigen EU-Haushalte müsste die Zustimmung aller Mitgliedstaaten finden. Ob diese die Idee einstimmig unterstützen, gilt als höchst fraglich.

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