Hollywood-Geste zum Protest Drei Finger gegen die Junta

BANGKOK · Anfangs gab Thailands Junta-Chef General Prayuth Chan-ocha sich gelassen. "Der Film ist nur ein Drama und nicht real", spielte Chef der Militärjunta, die sich vor sechs Monate in dem südostasiatischen Königreich an die Macht putschte, einen Studentenprotest herunter.

 wegen Gleichheit, Freiheit und Gerechtigkeit: Mit der Handhaltung zeigen Studenten ihren Widerstand gegen das strikte Regime.

wegen Gleichheit, Freiheit und Gerechtigkeit: Mit der Handhaltung zeigen Studenten ihren Widerstand gegen das strikte Regime.

Foto: dpa

Fünf Studenten hatten bei seinem Besuch in der Stadt Khon Kaen die Sicherheitsleute überlistet, T-Shirts mit der Aufschrift "Wir sind gegen den Coup" enthüllt und die rechte Hand mit drei hochgestreckten Fingern gehoben - ganz so, wie die von Jennifer Lawrence gespielte Film-Heldin Katniss-Everdeen zum Widerstand gegen ein Unterdrückerregime im Film "Die Tribute von Panem - Mockingjay".

Seither schlossen sich viele im Norden Thailands mit dem Hollywood-Gruß gegen Unterdrückung dem Protest gegen die Junta an. Anders als in China erlauben Thailands Generäle die Vorführung des Films. Laut Verleih stürmten bislang - dem Anti-Prayuth-Protest sei Dank - 20 Prozent mehr Fans in die Kinos als beim bisher erfolgreichsten Streifen der vergangenen zwölf Monate.

"Ich schätze den Mut der jungen Leute", sagte der Junta-Chef, der, ganz der gütige Landesvater, am Wochenende einem auf den Knien hockenden thailändischen Reporter über den Kopf strich und ihn hinter dem Ohr kraulte, "aber sie sollten ihn richtig einsetzen." Wie fehlgeleitet die jungen Leute sein müssen, bewies der General höchstpersönlich. "Ich mag kein 100- prozentiger Demokrat sein", verkündete er, "ich bin kein Diktator." Die Tageszeitung Bangkok Post, bislang fest auf Junta-Seite, stimmte wieder zu - diesmal freilich mit ätzender Ironie. Ein Vergleich zwischen Film und dem gegenwärtigen Thailand stimme hinten und vorne nicht, denn "Die Tribute von Panem" handelt schließlich von einer reglementierten Gesellschaft. Sie wird von Eliten regiert, die ihren Luxus zur Schau stellen und den Armen Wohltaten mit dem Versprechen vorenthalten, alles würde bald besser werden".

General Adul Sangsingkeo, dessen Titel "Minister für menschliche Sicherheit" kein Witz sondern Erfindung der Junta ist, empfahl den Medien bei der regelmäßigen Regelstunde für korrekte Berichterstattung dennoch, "fair" zu bleiben. Auf "Einladung" von Thailands Regime müssen Bürger des Landes bereits seit den ersten Tagen nach dem Putsch alle Landsleute zur sogenannten "Verhaltensanpassung", die sich nicht dem Kriegsrecht a la Prayuth und seinen vielen Regeln beugen. Die öffentliche Lektüre von George Orwells Buch "1984" ist verboten. Der öffentliche Verzehr eines Butterbrots kann hinter Gitter enden, seit Demonstranten Polizisten mit Stullen beschenkten. Der Gruß aus "Die Tribute von Panem" fällt unter den Bannstrahl, weil Hollywood-unkundige Putschanhänger spekulieren, die gestreckten Finger stünden für "Gleichheit, Freiheit und Gerechtigkeit".

Die fünf jungen Studenten verweigerten bei der "Verhaltensanpassung" durch Prayuths Soldaten die Unterschrift unter eine Erklärung, laut der sie auf weitere politische Aktionen verzichten. Nachdem ihnen Thailands Geheimdienstchef höchstpersönlich die Hemden ausgezogen hatte, stellten sie sich nach der Freilassung zu einem Erinnerungsfoto auf: Mit nacktem Oberkörper, erhobener Hand samt Panem-Gruß und vor dem Namensschild der Kaserne.

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