GroKo-Verhandlungen Diese Politiker werden wohl Minister

Berlin · Horst Seehofer und Julia Klöckner sollen kommen, Peter Altmaier wechselt, Thomas de Maizière geht. Drei Schlüsselposten gibt es für die SPD. Merkel hält ihr Versprechen ein, das Kabinett zur Hälfte mit Frauen zu besetzen.

Angela Merkel gilt nicht als Plaudertasche. Aber nach dieser harten Verhandlungsnacht will sie doch etwas „verraten“. Es geht um den erbitterten Streit, welche Partei welches Ministerium in einer großen Koalition erhält. Die SPD hat der CDU-Chefin drei Schlüsselressorts abgetrotzt: Außen, Arbeit/Soziales und Finanzen. Der CDU-Bundestagsabgeordnete Olav Gutting twittert: „Puuuh! Wir haben wenigstens noch das Kanzleramt!“

Merkel sagt zur Ressortverteilung, an der die Verhandlungen beinahe gescheitert wären: „Das war keine einfache Frage.“ Es falle der CDU schwer, nach der erfolgreichen Zeit von Finanzminister Wolfgang Schäuble dieses Ressort an die Sozialdemokraten abzugeben. Auf der anderen Seite mache sie sich aber überhaupt keine Sorgen, dass die SPD zu viel Einfluss bekomme. Schon von 2005 bis 2009 habe sie als Regierungschefin ein Kabinett gehabt, in dem SPD-Politiker das Finanz-, das Außen- und das Arbeitsministerium geführt hätten. Bekanntlich stürzte die SPD 2009 auf 23 Prozent ab.

Merkel hält ihr Versprechen ein, das Kabinett zur Hälfte mit Frauen zu besetzen. Schmerzhaft ist für sie, dass ihr treuer Innenminister Thomas de Maizière gehen muss, weil seinen Posten – um die Bereiche Heimat und Bau erweitert – CSU-Chef Horst Seehofer bekommen soll. Problematisch könnte noch werden, dass der bisherige Finanzstaatssekretär Jens Spahn nichts wird. Er gehört zu Merkels schärfsten Widersachern, da könnte eine Einbindung in die Kabinettsdisziplin für Ruhe sorgen.

Bemerkenswert ist, dass Merkels Favoritin für ihre Nachfolge, die saarländische Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer, nicht Ministerin werden soll. Bis der Wechsel an der Spitze wirklich naht, will sie sich offenbar nicht auf einem Bundesposten von der Konkurrenz verheizen lassen.

Die voraussichtliche Ministerliste, die unserer Zeitung vorliegt:

Helge Braun: Merkels Staatsminister für Bürokratieabbau (CDU) soll Kanzleramtschef werden. Er passt perfekt in die Riege, die Merkel gern um sich hat: Klug, im Stoff, nach außen zurückhaltend.

Peter Altmaier: Der bisherige Kanzleramtschef (CDU) wäre gern Finanzminister geworden, soll nun aber das Wirtschaftsressort führen. Merkel tröstet: Das Wirtschaftsministerium habe die Union seit Jahrzehnten nicht gehabt. Altmaier spricht mehrere Sprachen und ist bestens vernetzt.

Ursula von der Leyen: Die Verteidigungsministerin (CDU) ist in der Truppe wenig beliebt. Merkel will auf sie aber nicht verzichten. Sie weiß, wie schwierig die Führung des Ministerium ist. Von der Leyen könnte sich aber auch eine internationale Karriere vorstellen.

Annette Widmann-Mauz: Die bisherige Gesundheits-Staatssekretärin (CDU) soll nun an die Spitze des Ministeriums rücken. Sie erfüllt gleich mehrere Kriterien: Fachfrau, frisches Gesicht und Baden-Württembergerin. Auch dieser Landesverband muss berücksichtigt werden.

Hermann Gröhe: Der bisherige Gesundheitsminister soll das Ressort Bildung und Forschung übernehmen. Davon träumten mehrere. Für das Ministerium wurden zusätzlich elf Milliarden bewilligt, um Schulen, Digitalisierung und Bildung zu verbessern. Der frühere CDU-Generalsekretär ist ein enger Merkel-Vertrauter.

Julia Klöckner: Die rheinland-pfälzische CDU-Vorsitzende soll Landwirtschaftsministerin werden. Die Winzertochter kennt sich nicht nur in dem Gebiet gut aus, sie gehört auch zu den prägnantesten Gesichtern der CDU: Frisch und forsch tritt sie auf, ihren einst am Boden liegenden Landesverband hat sie aufgerichtet.

Horst Seehofer: Der CSU-Chef und voraussichtliche Innenminister gehört zu Merkels größten Widersachern in der Flüchtlingspolitik. Sie gehen zwar professionell miteinander um, aber er könnte ihr die Arbeit schwer machen.

Andreas Scheuer: Der CSU-Generalsekretär wird für das Verkehrsministerium gehandelt. Dort war er schon einmal Staatssekretär. Er ist im politischen Schlagabtausch mitunter recht grob, was in der CSU gefällt.

Dorothee Bär: Sie war bisher Verkehrs-Staatssekretärin und soll nun Entwicklungsministerin werden. Dafür muss Gerd Müller gehen, den selbst die Grünen dort gut fanden. Bisher stellte die CSU keine Frau im Kabinett. Das kann sie sich jetzt nicht mehr leisten.

Martin Schulz: Der noch amtierende SPD-Vorsitzende rettet sich als Außenminister ins Kabinett. Hier kann er sich seinem Lieblingsthema, der EU, widmen. Allerdings hält bisher die Kanzlerin die deutsche EU-Politik in Händen. Viel Konfliktpotenzial.

Katarina Barley: Die Familienministerin (SPD) strotzt vor Selbstbewusstsein, weil ihre Beliebtheitswerte nicht so abgesackt sind wie etwa die von Schulz. Den Aufstieg in ein größeres Ministerium trauten ihr die Genossen nicht zu.

Heiko Maas: Der Saarländer (SPD) hat vor allem durch seine intensive Öffentlichkeitsarbeit viel aus dem Justizminister-Job gemacht. Er darf bleiben und wird die geplante Aufstockung von Justizstellen umsetzen müssen, obwohl dafür die Länder zuständig sind.

Eva Högl: Die SPD-Fraktionsvize ist eigentlich Innen- und Rechtsexpertin, nun soll sie das große Ministerium Arbeit und Soziales übernehmen. Ein steiler Aufstieg: Die 48-Jährige wird für fast die Hälfte des gesamten Bundesetats zuständig sein.

Barbara Hendricks: Die Umweltministerin bleibt im Amt, obwohl sie schon das Rentenalter erreicht hat. Für die SPD ist sie unverzichtbar, weil sie den mächtigen NRW-Landesverband im Kabinett repräsentiert. Sie hat sich in der Klimapolitik einen Namen gemacht.

Olaf Scholz: Hamburgs Bürgermeister (SPD), wegen seiner abgehackten Sätze auch bekannt als „Scholzomat“, wechselt zurück nach Berlin. Dort war er schon im ersten Groko-Kabinett von Angela Merkel Arbeitsminister. In der SPD hat er die größte Finanz-Expertise.

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