Finanzkrise in Griechenland Die Griechenland-Krise ist wieder da

Brüssel · Die EU-Finanzminister geben sich gelassen, aber aus Furcht vor einem „Grexit“ räumen die Hellenen ihre Konten. Rund 2,7 Milliarden Euro wurden seit Beginn dieses Jahres von den Konten abgehoben.

Der Bundesfinanzminister gab sich ungewohnt gelassen. „Es gibt keine neue Eurokrise. Im Gegenteil. Alle Länder haben Wachstum.“ In diese Bilanz bezog Wolfgang Schäuble (CDU) am Montag beim Treffen mit seinen Euro-Kollegen in Brüssel sogar Griechenland mit ein: plus 2,7 Prozent in diesem, weitere 3,5 Prozent im kommenden Jahr lauten die Wachstumsprognosen der EU-Kommission. Die Schulden von derzeit 317 Milliarden Euro seien „nicht das Problem“. Schäuble weiter: „Athen muss sich so entwickeln, dass es wettbewerbsfähig wird.“

Genau darum geht es: Die hellenische Regierung schlittert wieder einmal in eine Phase der Finanzkrise. In diesem Juli müssen Verbindlichkeiten von sieben Milliarden Euro bedient werden. Das Geld liegt auf den Konten des Euro-Stabilitätsmechanismus (ESM), einer Art Notkasse der Währungsunion. Athen kann es bekommen, sobald die zugesagten Reformen nicht nur erlassen, sondern verbindlich in Gesetze gegossen wurden.

Doch dieser Schritt steht aus. Nach wie vor treiben ineffiziente Finanzbehörden in vielen Fällen keine Steuern ein. Renten und Pensionen sind noch immer deutlich höher als in vielen anderen EU-Staaten, obwohl die griechische Wirtschaftsleistung schwächer ist. „Griechenland leistet sich einen höheren Lebensstandard, als es erwirtschaftet“, betonte Schäuble. Dennoch wehrten sich viele Finanzminister dagegen, den Druck auf die Regierung von Alexis Tsipras weiter zu erhöhen.

Deshalb war am Montag auch kaum mehr als ein kleines Signal des Vertrauens drin: Die Finanzminister wollten darüber beraten, ob die Prüfer der Geldgeber (früher Troika) wieder in das Land zurückkehren, um das Erreichte zu erheben. Nur wenn dieser Bericht positiv ausfällt, kann frisches Kapital von über 86 Milliarden Euro aus dem dritten Hilfspaket fließen.

Im Hintergrund aber tobt noch ein ganz anderer Streit. Auch zwei Jahre nach dem Start des dritten Rettungsversuches ist es fraglich, ob sich der Internationale Währungsfonds (IWF) tatsächlich finanziell beteiligt. Zwar geht es beim IWF-Beitrag nur um eine vergleichsweise geringe Summe von rund fünf Milliarden Euro. Aber nicht nur der Bundesfinanzminister hatte die Zustimmung des Bundestages zu einer erneuten Bürgschaft für Griechenland mit der festen Zusage verbunden, die krisenerprobten Experten des IWF würden die Operation Hellas überwachen.

Während Schäuble sich überzeugt zeigte, dass „der IWF sich beteiligen wird“, blieb Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem deutlich zurückhaltender: „Die Position des Fonds ist unverändert.“ Bewegung täte Not, aber die haben die Washingtoner Finanzexperten von einer wichtigen Frage abhängig gemacht: Griechenland solle schuldentragfähig werden. Das gehe aber nur dann, wenn die Geldgeber dem Land einen Teil seiner Zahlungen erlassen.

Inzwischen scheint zwar auch die Eurogruppe bereit, über diesen unpopulären Schritt nachzudenken. Aber vor allem Deutschland will dies erst 2018 angehen, wenn das dritte Rettungspaket ausgelaufen ist.

Dass die Lage, die die Eurogruppe am Montag fast schon erstaunlich gelassen beschrieb, dennoch schnell außer Kontrolle geraten könnte, zeigen die Hellenen selbst. Aus Angst vor einem Ausscheiden ihres Landes aus der Gemeinschaftswährung hat ein regelrechter Ansturm auf die Banken eingesetzt. Rund 2,7 Milliarden Euro wurden seit Beginn dieses Jahres von den Konten abgezogen und liegen nun unter Kopfkissen und in Truhen. Beim griechischen Bankenverband hieß es vor wenigen Tagen, die Atmosphäre sei von „großer Verunsicherung und Panik“ geprägt. Ein Signal der Geldgeber wäre dringend nötig, um die Situation zu beruhigen.

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