GA-Serie Die CDU-Abgeordnete Serap Güler hält ihre erste Rede im Düsseldorfer Landtag

DÜSSELDORF · Die Haushaltsdebatte plätschert so dahin, es geht um Kultur, um Sport, um die berufliche Weiterbildung - hitzig ist es an diesem Nachmittag im nordrhein-westfälischen Landtag nicht. Das ändert sich erst, als Parlamentspräsidentin Carina Gödecke die CDU-Abgeordnete Serap Güler aufruft. Auf der Tagesordnung steht der "Einzelplan 11, Bereich Integration". Mit schnellen Schritten geht die 32-Jährige zum Rednerpult.

 Jungfernrede: Serap Güler, die integrationspolitische Sprecherin der CDU, im Landtag.

Jungfernrede: Serap Güler, die integrationspolitische Sprecherin der CDU, im Landtag.

Foto: Volker Zierhut

"Ich war schon sehr aufgeregt", sagt sie dem General-Anzeiger nach ihrer Rede, "denn es ist mit nichts zu vergleichen, wenn man in diesem Hohen Haus eine Rede hält." Für Serap Güler ist es an diesem Nachmittag die erste, die Jungfernrede im Parlament. Ihr Motto: "Ich wollte, dass niemand auf die Uhr guckt und hofft, dass die Rede bald zu Ende ist." Das gelingt ihr. Die Landesregierung darf sich über ein Lob freuen, ihre Parteifreunde können nach pointierten Aussagen kräftig applaudieren, und zum Schluss gibt es fast noch einen Eklat.

Am Abend zuvor hatte sich Güler hingesetzt und die Fünf-Minuten-Rede vorbereitet. Vorsprechen - das wollte sie nicht. "Das ist bei einer mündlichen Prüfung an der Uni schon mal gründlich schief gegangen." Eine Stunde, bevor sie aufgerufen wird, kommt sie ins Plenum, spricht kurz mit erfahrenen Abgeordneten und hört sich dann die Debatte an.

CDU-Landesparteichef Armin Laschet macht ihr Mut. In dessen Integrationsministerium war Güler ab 2007 als Mitarbeiterin die ersten landespolitischen Schritte gegangen. Auf der Zuschauertribüne winkt sie kurz Esna May zu, einer Mitstreiterin aus dem Deutsch-Türkischen Forum in der CDU. "Wir haben sie im Wahlkampf sehr unterstützt", sagt May, "und jetzt möchte ich sie bei ihrer ersten Rede unterstützen."

Die beginnt mit einer Überraschung. "Chapeau", sagt Güler, "es fällt mir sehr schwer, den Ansatz im Bereich Integration zu kritisieren." Dass sie die rot-grüne Regierung lobt, liegt an der Erhöhung der Haushaltsmittel gegenüber dem vergangenen Jahr um zehn Millionen Euro. Doch sie wäre keine gute Oppositionspolitikerin, wenn sie nicht doch etwas zu bemängeln hätte. Ihr fehlten die Ziele und Ideen in der Integrationspolitik, sagt sie.

Dass die Landesregierung in jedem Kreis und in jeder kreisfreien Stadt ein Kommunales Integrationszentrum (KIZ) einrichten wolle, das sei keine neue Idee. Es führe bestehende Angebote zusammen. "Sie haben keine Ideen, weil ihnen das Thema Integration nicht am Herzen liegt", wirft sie - gewürzt mit etwas Polemik - Rot-Grün vor. Das freut die begeistert applaudierenden Parteifreunde.

Für den Schluss ihrer Rede aber hat die türkischstämmige Frau mit dem Wahlkreis Köln-Mülheim ein besonderes Bonmot. Sie berichtet von einem Brief des Bundesinnenministers Hans-Peter Friedrich. Der habe ihr mitgeteilt, dass es das NRW-Innenministerium gewesen sei, das dem Bundesinnenministerium die Orte genannt hätte, an denen Postkarten mit den sogenannten Vermisstenanzeigen von Migranten verteilt werden könnten.

Sie sei sich ja mit SPD und Grünen einig, dass die Postkartenaktion "unsäglich" gewesen sei, sagt sie. Aber was Rot-Grün betreibe, sei Doppelmoral - sich zum einen über die Aktion zu echauffieren, zum anderen sei das SPD-geführte Ministerium daran sogar beteiligt gewesen. Donnernder Beifall der CDU-Abgeordneten, aber auch heftige Vorwürfe aus den Reihen der SPD und der Grünen begleiten sie zu ihrem Platz in der dritten Reihe des Plenums.

Integrationsminister Guntram Schneider (SPD) will das nicht so stehen lassen. Ziemlich erregt geht er zum Rednerpult. "Ich bin Ihnen sehr böse", sagt er. Es könne nicht sein, dass es eine Absprache zwischen den beiden Ministerien über diese Frage gegeben habe. "Ich erwarte, dass Sie sich dafür entschuldigen, wenn die Wahrheit ans Licht kommt", ruft Schneider Güler zu und fügt hinzu, "Jungfernrede hin oder her, so kann man nicht miteinander umgehen." Es werde eine Prüfung des Sachverhalts geben, kündigt er an.

"Sollen sie doch prüfen", sagt die junge Abgeordnete später dem GA, "wenn sich einer entschuldigen muss, dann ist es Bundesinnenminister Friedrich für diese Aktion." Serap Güler hat sich gefreut, dass sie die rot-grüne Koalition ein wenig reizen konnte. Ihre erste Landtagsrede jedenfalls hat dazu beigetragen, dass es an diesem Nachmittag im Parlament dann doch noch lebendig geworden ist.

General-Anzeiger-Serie
Unter dem Motto 5 aus 237 berichtet der GA in unregelmäßiger Folge über die Arbeit von fünf NRW-Landtagsabgeordneten aus dem südlichen Rheinland, die am 13. Mai erstmals ins Parlament gewählt wurden.

Dabei geht es zum Beispiel um die Tätigkeit im Wahlkreis, die Verbindung von Mandat und Beruf, die Einbindung in die Partei oder aber - wie bei Serap Güler - eine Rede im Landtag. Neben ihr sind dabei: Dirk Schlömer (SPD) aus Hennef, der Bonner Grüne Rolf Beu, Ralph Bombis (FDP) aus Erftstadt und der Kölner Pirat Stefan Fricke.

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