Waffenlieferungen Die Augen der EU sind auf Berlin gerichtet

Brüssel · Brüssel, Bagdad, Erbil, Berlin - der ohnehin straff geplante Terminkalender des deutschen Außenministers kannte kein Wochenende. Dabei weiß Frank-Walter Steinmeier, dass die Augen der europäischen Partner zunehmend auf Berlin gerichtet sind.

 Ein Peschmerga-Kämpfer überwacht eine Gedenkfeier in einer Moschee in Erbil, Wohngebiet von irakischen Kurden.

Ein Peschmerga-Kämpfer überwacht eine Gedenkfeier in einer Moschee in Erbil, Wohngebiet von irakischen Kurden.

Foto: dpa

Die entscheidende Frage lautet: Ringt sich die Bundesregierung dazu durch, den irakischen Kurden mit Waffen unter die Arme zu greifen?

"Hier geht es um eine veränderte Position Deutschlands in der Welt", hieß es gestern in niederländischen Kommentaren. Die Briten haben sich zwar schon für die Lieferung von Waffensystemen ausgesprochen, Konkretes aber steht noch aus.

"Natürlich würde eine gemeinsame Linie Berlins, Londons und Paris' mehr Gewicht haben", betonte gestern ein hochrangiger EU-Diplomat von der Insel. Ähnliche Stimmen gibt es von polnischen, österreichischen und italienischen Politikern in Brüssel.

Offiziell hält die EU-Diplomatie sich zurück und verweist auf den Freibrief, den man den Mitgliedstaaten in dieser Frage beim Außenministertreffen am Freitag ausgestellt hat. "Angela Merkel würde ein Tabu brechen", sagt trotzdem einer aus dem Auswärtigen Dienst der Union.

"Aber das käme der deutschen Rolle in der EU nur zugute. Schon ihre Krisendiplomatie während der Sommermonate, als sie wahlweise mit den Präsidenten der USA, Russlands und der Ukraine im ständigen Kontakt stand, war hilfreich und zeigt, dass die Bundesrepublik dabei ist, sich neu zu positionieren."

Tatsächlich galt Deutschland lange Jahre als der ewige Bremser. Wo auch immer sich einzelne EU-Mitgliedstaaten im Nahen Osten, in Afrika oder in der übrigen Welt engagierten, wollte die Bundesregierung lediglich am Rande stehen.

Man schickte Transport-Flugzeuge, medizinische und logistische Hilfe sowie Polizisten und Militärberater. Aktive Unterstützung, geschweige denn Waffenlieferungen, aber waren tabu.

Umso aufmerksamer registrierte man an gestern in Brüssel das Ergebnis der Wochenend-Interviews aus der Bundesrepublik. Erst war es Vize-Kanzler Sigmar Gabriel (SPD), der erklärte, man könne "nicht zusehen, wie bis an die Zähne bewaffnete Fanatiker im Irak Tausende unschuldiger Menschen umbringen."

Dann schlug der frühere Außenminister Joschka Fischer (Grüne) deutliche Töne an: Eine Terrormiliz lasse sich "weder mit Gebetskreisen noch mit Spruchbändern" stoppen, sagte er. Gestern überraschte dann noch Grünen-Chef Cem Özdemir mit dem Satz, "Waffenlieferungen im Rahmen des Möglichen können wir nicht von vornherein ausschließen".

Solche Stimmen höre man "durchaus gerne", unterstrich daraufhin gestern ein französischer EU-Diplomat, nachdem Paris sich bereits für eine Lieferung militärischer Güter an die irakischen Kurden ausgesprochen hatte.

"Es tut gut, dass Deutschland sich in dieser Frage doch bewegt und nicht mehr nur den Moralapostel spielt." "Die Frage ist nicht mehr, ob Deutschland liefert, sondern nur noch wann", hieß es gestern im militärischen Hauptquartier der Nato.

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