Die Stimme der Revolution Deutsche Welle konkurriert mit CNN und BBC

BONN · Das deklarierte Ziel des neuen Intendanten der Deutschen Welle, Peter Limbourg, ist die Spitzengruppe der Auslandssender. Ein schwieriges Feld, tummeln sich dort doch mächtige Medienmultis wie CNN und BBC News mit enormen Reichweiten. Doch auch die stehen unter Druck, insbesondere wenn es sich um die für Europa und Westen schlechthin so wichtige Berichterstattung über den Nahen und Mittleren Osten dreht.

Mit einer unglaublichen Dynamik macht sich dort der erst 1996 gegründete Sender Al Dschasira (bedeutet: Die Insel) breit, der mit seiner Berichterstattung nach dem 11. September 2001 und zum Arabischen Frühling zur wichtigen Informationsquelle für den Westen wurde. Der Sender erreicht 200 Millionen Kabelnutzer und 50 Millionen Zuschauer via Satellit, ein Vielfaches davon über soziale Medien.

Das sind Zahlen vor dem August dieses Jahres. Denn der neueste Coup des in Katar sitzenden Senders heißt Al Dschasira USA. Der sitzt im Herzen von Manhattan und bedient die USA mit einem speziellen USA-Programm. Für geschätzte 500 Millionen Dollar kaufte Al Dschasira den 2005 von Al Gore mitgegründeten Sender Current TV und übernahm die Frequenzen: 49 Millionen Haushalte erreicht Al Dschasira nun über Kabel. Als Chefin holte sich der Sender aus Katar Kate O'Brian, stellvertretende Direktorin des US-Senders ABC News.

Al Dschasira ist also längst nicht mehr auf den arabischen Raum beschränkt. Vor den USA bekam der Balkan 2011 seine Al Dschasira-Dependance mit Sitz in Sarajevo - von dort aus wird in Serbisch, Bosnisch und Kroatisch gesendet, die Inhalte stammen von dem Ableger Al Dschasira English. Hauptsitz ist Doha in Katar, weitere Büros liegen in London, Washington D.C. und Kuala Lumpur.

Gegründet wurde Al Dschasira von Sheik Hamad in Katar, der den Sender und seine 3000 Mitarbeiter aus 60 Nationen angeblich mit 400 Millionen Franken jährlich finanziert. Al Dschasira wurde im Westen vor allem durch Ausstrahlung von Bin-Laden-Videos und seine mitunter drastische Irak-Berichterstattung bekannt, profilierte sich zuletzt als "Stimme der Revolution" beim Arabischen Frühling.

Der Sender spiele "in den arabischen Ländern vornehmlich die Rolle des Korrektivs einer von den Regimes domestizierten Medienlandschaft. Es gibt fast kein arabisches Land, in dem der Sender nicht schon einmal verboten wurde", schrieb Carola Richter in "Zeit Online". Es gibt auch kritische Stimmen: Früher sei Al Dschasira der Wahrheit verpflichtet gewesen, moniert der Syrer Aktham Suliman, jetzt gehe es um Politik statt um Journalismus.

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