US-Regierung Der Stachel im Fleisch von Donald Trump

Washington · Der radikale und ultrakonservative „Freedom Caucus“, der Freiheits-Rat, blockiert in der Republikanischen Partei den Präsidenten Donald Trump. Der "Dealmaker" kam mit seinem Gesetz nicht zum Abschluss.

 Mark Meadows ist Sprecher des „Freedom Caucus“.

Mark Meadows ist Sprecher des „Freedom Caucus“.

Foto: AFP

Es ist eine Art gallisches Dorf innerhalb der republikanischen Partei. Wer dort politisch zu Hause ist, sieht in der Mehrzahl der republikanischen Nachbarn im Repräsentantenhaus von Washington nicht in erster Linie Parteifreunde – sondern römische Prätorianer, die es zu bekämpfen gilt.

Ende vergangener Woche hat der aus der staatsverachtenden TeaParty-Bewegung hervorgegangene „Freedom Caucus“ (Freiheits-Rat) seinen ersten großen Sieg errungen. Auf Kosten von Präsident Donald Trump. Die Blockade der Reform der Krankenversicherung hat gezeigt, dass es mit dem Verhandlungsgeschick des viel gerühmten „Dealmakers“ nicht weit her ist. Ihm war es nicht gelungen, die nötigen Stimmen für sein Gesetz einzuwerben.

Obwohl Trump den widerstreitenden Begehrlichkeiten im eigenen Lager mehrfach durch Zugeständnisse entgegenkam, biss er vor allem bei den Fundamentalisten im „Freedom Caucus“ auf Granit. Wer alles offiziell dazugehört, wird unter der Decke gehalten. Die Rede ist von rund 40 Parlamentariern (von insgesamt 237) aus vorzugsweise weißen, ultrakonservativen Wahlbezirken, die sich vor zwei Jahren informell zusammengeschlossen haben.

Programmatisch eint die Ultrakonservativen die Forderung nach radikalen Haushaltskürzungen und Steuersenkungen, mehr Militär, weniger Einwanderung und einem generellen Rückbau staatlicher Institutionen. Als in der Vergangenheit der Streit über das Schuldenlimit im Staatshaushalt tobte, waren Mitglieder des „Freedom Caucus“ ganz vorne mit dabei, um die Regierung in Washington zum Stillstand („shutdown“) zu bringen. In ihrer ideologischen Reinheit fühlt sich die Gruppe einer Kompromisslosigkeit verpflichtet, die es der Fraktionsführung um Paul Ryan außerordentlich schwer macht, die weit auseinanderliegenden Flügel innerhalb der „Grand Old Party“ auf einen Nenner zu bringen.

Moderate, die eine funktionierende Regierung wollen und den Ausgleich mit den Demokraten suchen, stehen den „Taliban der reinen Lehre“ gegenüber. Was im deutschen Parlamentarismus als parteischädigendes Verhalten gewertet würde und durch Fraktionszwang ausgeschlossen ist, ist nach amerikanischem Demokratieverständnis Ausdruck vom Pluralität und Meinungsfreiheit.

Ryans Vorgänger John Boehner wollte die Gratwanderung zwischen rechtem Rand und verständigen Konservativen nicht mehr mitmachen. Er nahm im September 2015 den Hut. Dass Ryan, im Staatsgefüge die Nr. 3 nach Trump und Vizepräsident Mike Pence, bei der ersten großen Kontroverse ebenfalls von der parteiinternen Splittergruppe in die Knie gezwungen wurde, gilt als Alarmsignal.

„Mark Meadows und seine Mitstreiter können jetzt vor Kraft kaum laufen“, sagte ein Mitarbeiter eines demokratischen Senators aus Colorado dieser Zeitung, „sie bekommen Geschmack an ihrer Verhinderungsmacht, sie werden es wieder tun.“ Auch die kommenden Großprojekte Trumps – von der Steuerreform bis hin zum milliardenschweren Modernisierungsprogramm für die marode Infrastruktur – seien in Gefahr, durch die internen Glaubenskriege zerrieben zu werden. Es sei denn, der Präsident versuche, „uns Demokraten rechtzeitig ins Boot zu holen, um Gesetze zu verabschieden“.

Meadows, ein unscheinbarer Abgeordneter aus North Carolina, firmiert als Sprecher des „Freedom Caucus“. Er hatte bis zuletzt gegen den Rat der Parteioberen darauf gepocht, dass „Obamacare“, das Werk von Trumps Vorgänger, rückstandslos abgewickelt wird, bevor eine neue Krankenversicherung kommt.

Unter gemäßigten Republikanern wurde dieses Verhalten als „Geiselnahme“ bezeichnet. Rezepte dagegen zu finden, ist jedoch schwer. Noch vor 20 Jahren hätte die Parteiführung Abweichler wirksamer diszipliniert und im Zweifelsfall ausgegrenzt; zum Beispiel mit der Drohung, in Wahlkämpfen den Geldhahn abzudrehen. Durch höchstrichterliche Urteile sind heutzutage parteiunabhängige Geldgeber entscheidender, sagt der Journalist McCay Coppins. Sie können Kandidaten individuell aufbauen – und bei Misserfolg wieder demontieren.

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