Interview mit Manfred Rekowski Der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland zu Ostern und dem Dialog mit Muslimen

BONN · Der Sinn des Osterfestes, das katholisch-evangelische Miteinander, der christlich-muslimische Dialog: Mit Präses Manfred Rekowski, seit März 2013 Nachfolger von Nikolaus Schneider höchster geistlicher Repräsentant der Evangelischen Kirche im Rheinland, sprach K. Rüdiger Durth.

 Seit Kurzem Präses ist Manfred Rekowski.

Seit Kurzem Präses ist Manfred Rekowski.

Foto: dpa

Herr Präses, darf ich ganz persönlich fragen: Wie feiern Sie mit Ihrer Familie Ostern?
Manfred Rekowski: Am Ostersonntag predige ich im Gottesdienst. Anschließend genießen wir das Zusammensein in der Familie - ruhig und unspektakulär.

Viele Menschen nutzen die Ostertage für einen Kurzurlaub und Osterdekorationen, Festessen und Ostereier bilden den Mittelpunkt von Ostern. Für Sie doch sicherlich mehr als ärgerlich?
Rekowski: Warum sollte ich mich ärgern, wenn Menschen Feiertage nutzen, um sich zu erholen? Ärgern müsste ich mich, wenn es uns als Kirche nicht mehr gelänge, den Menschen nahe zu bringen, dass Ostern mehr ist als Lammbraten und bunte Eier.

Liegt diese Entwicklung nicht auch daran, dass immer mehr Menschen den eigentlichen Sinn von Ostern gar nicht mehr verstehen?
Rekowski: Genau, das meine ich ja. Christinnen und Christen glauben, dass Jesus Christus vom Tod auferstanden ist. Deshalb hat auch für uns der Tod nicht mehr das letzte Wort. Das feiern wir Ostern. Davon sollen nicht nur die Pfarrerinnen und Pfarrer auf der Kanzel erzählen. Es wäre schön, wenn das auch am fröhlichen und hoffnungsvollen Leben vieler Christinnen und Christen ablesbar wäre.

Darf ich Sie bitten, kurz zu erläutern, warum dieses Fest so wichtig ist?
Rekowski: Die Menschen zu Zeiten Jesu haben sich von ihm begeistern lassen, weil an seinem Leben erkennbar wurde, wie sehr Gott die Menschen liebt. Dabei setzte sich Jesus so radikal für die Sache Gottes ein, dass sich die Mächtigen in Staat und Religion bedroht gesehen haben. Das hat ihn schließlich ans Kreuz gebracht. Dort ist er qualvoll gestorben. Aber Gott hat seinen Sohn Jesus vom Tod auferweckt. Damit verbinden wir Christenmenschen die Hoffnung, dass Gott auch uns nicht dem Tod überlässt.

Seit Anfang März sind Sie der höchste geistliche Repräsentant der mit 2,7 Millionen Mitgliedern zweitgrößten Landeskirche Deutschlands. Welche Schwerpunkte wollen Sie in Ihrer achtjährigen Amtszeit setzen?
Rekowski: Das Wichtigste ist, den Menschen von Gott, von einer Liebe und seiner Treue zu erzählen und sie zu ermutigen, sich dem liebenden Gott in ihrem Leben anzuvertrauen. Nichts anderes heißt "glauben". Mit dieser frohen Botschaft wollen und sollen wir möglichst viele Menschen erreichen. Damit wir das zwischen Emmerich und Saarbrücken auch in Zukunft erfolgreich tun können, müssen wir unsere Strukturen den sich ändernden Gegebenheiten anpassen:

Was heißt das?
Rekowski: Weil wir vor allem durch den Bevölkerungsschwund Mitglieder und damit auch Finanzkraft verlieren, können wir uns Personal, Angebote und Gebäude im bisherigen Umfang nicht mehr auf Dauer leisten. Deshalb müssen wir unsere Kräfte bündeln, um auch in Zukunft den Menschen neue Türen zum alten Haus Kirche zu öffnen.

Welche Bedeutung hat der christlich-jüdische Dialog für Sie und lehnen Sie wie Ihr Vorgänger Nikolaus Schneider die Juden-Mission ab?
Rekowski: In Wuppertal, wo 1938 zwei Synagogen zerstört wurden, habe ich 2002 den Bau einer Synagoge auf dem Gelände der Kirche gefördert, in der sich 1934 der kirchliche Widerstand gegen Hitler formierte und die Barmer Theologische Erklärung formuliert wurde. Das ist ein lebendiges Zeichen der Verbundenheit. Mit Israel hoffen wir auf einen neuen Himmel und eine neue Erde. Judenmission steht nicht auf der Tagesordnung.

Welche Bedeutung hat überhaupt Mission für Sie?
Rekowski: Mission, also das Einladen zum Glauben, ist Kernaufgabe der Kirche. Das geschieht dialogisch und situationsgerecht in Verkündigung und Seelsorge, in Wort und Tat, medial und in der Musik. Weil mir der Glaube wichtig ist, möchte ich ihn ins Gespräch bringen.

Und wie halten Sie es mit dem christlich-muslimischen Dialog?
Rekowski: Millionen Menschen muslimischen Glaubens leben in unserem Land. Sie sind unsere Nachbarn, Arbeitskollegen, Schulkameradinnen und Freunde - da ist es normal, miteinander ins Gespräch zu kommen. Und die Fragen unserer Gottesbilder, unseres Verständnisses vom Wort Gottes und die Frage wie wir unseren Glauben leben, gehören für mich zu diesem Gespräch dazu.

Die Ungeduld vieler Christen wächst, weil sie keine wirklichen Fortschritte im evangelisch-katholischen Miteinander erkennen. Können Sie diese Ungeduld verstehen und was erwarten Sie in diesem Zusammenhang in nächster Zeit?
Rekowski: Ja, diese Ungeduld verstehe ich nicht nur, ich teile sie auch. Wenn wir als römisch-katholische und evangelische Geschwister auf unsere Quelle, die Heilige Schrift, sehen, auf die uns verbindliche Taufe und die vor uns liegenden gesellschaftlichen Aufgaben, die uns gemeinsam herausfordern, dann geht sicher eine ganze Menge miteinander. Sicher auch mehr als jetzt schon.

Welche Erwartungen haben Sie an Papst Franziskus?
Rekowski: Ich weiß um viele und große Erwartungen, die die katholischen Geschwister an ihn haben. Lassen wir ihn doch erst einmal hören und angehen.

Welche Bedeutung kommt der Evangelisch-Theologischen Fakultät Bonn und der Kirchlichen Hochschule Wuppertal in der rheinischen Landeskirche zu?
Rekowski: Sie sind wichtige und traditionsreiche Standorte der theologischen Ausbildung in unserer Kirche.

Aufgrund schrumpfender Mitgliederzahlen werden immer mehr Kirchengemeinden zusammengelegt. Bleibt die rheinische Kirche auf Dauer auch im Dorf?
Rekowski: Dass die Kirche im Dorf bleibt, ist unser Ziel. Aber wir wissen auch, dass es in der Stadt leichter für Gemeinden ist, für Menschen in relativer Nähe erreichbar zu bleiben. In unseren ländlichen Kirchenkreisen ist das bereits heute schwieriger - alleine schon wegen der großen räumlichen Ausdehnung der Kirchengemeinden, die sich oft über etliche Dörfer erstrecken.

Ist die nicht zu leugnende Angst vor einer Zentralisierung der Landeskirche auf Kosten der Selbstständigkeit der Gemeinden berechtigt?
Rekowski: Nein. Wir werden keine zentrale Bischofskirche. Wir geben die presbyterial-synodale Verfassung unserer Kirche nicht auf. Aber jeder, der unsere Situation in den Gemeinden, Kirchenkreisen und auf der landeskirchlichen Ebene nüchtern betrachtet, kann mit Händen greifen, dass wir mehr abgestimmtes Planen brauchen.

Zur Person

Manfred Rekowski (55), Vater zweier erwachsener Kinder, stammt aus Masuren. Er studierte Evangelische Theologie in Marburg, Bochum und Wuppertal, war ab 1993 Superintendent in seiner "Wahlheimat" Wuppertal, 2011 wurde er zum Oberkirchenrat für Personalfragen gewählt und Anfang 2013 auf acht Jahre zum Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland. In Wuppertal benutzt er ein solarstrom-betanktes Elektroauto.

Die Landeskirche

Die Rheinische Landeskirche: ursprünglich eine Provinz der Kirche der Altpreußischen Union, wurde nach dem II. Weltkrieg eine selbständige Landeskirche in der Union Evangelischer Kirchen (UEK), dem größten Kirchenbund innerhalb der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Sie erstreckt sich zwischen Emmerich und Saarbrücken auf Teile von Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland sowie auf die mittelhessischen Kirchenkreise Wetzlar und Braunfels.

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