Kommentar zur Bundestagswahl Der May-Effekt

Meinung | Bonn · Bis zur Bundestagswahl sind es mehr als zweimal sieben Wochen. Zeit genug, den May-Effekt auch in Deutschland zu testen, kommentiert GA-Korrespondent Gregor Mayntz.

 Die britische Premierministerin und Vorsitzende der Conservative Party, Theresa May.

Die britische Premierministerin und Vorsitzende der Conservative Party, Theresa May.

Foto: dpa

Sieben Wochen haben gereicht, um in Großbritannien einen 20-Prozent-Vorsprung der Regierungschefin gegenüber ihrem sozialdemokratischen Herausforderer zusammenschmelzen zu lassen. Für Deutschland heißt das: Alle deprimierten Anhänger von Rot-Rot-Grün, die schon die Devise „dann eben 2021“ ausgegeben hatten, können den Kopf wieder aus dem Sand nehmen. Bis zur Bundestagswahl sind es mehr als zweimal sieben Wochen. Zeit genug, den May-Effekt auch in Deutschland zu testen.

Freilich sind weder Kandidaten noch Themen vergleichbar. Auf der Insel eine eher blasse Innenministerin, die im Kampf der Favoriten um die Cameron-Nachfolge die lächelnde Dritte wurde. Dagegen hat Merkel bereits mit Grundvertrauen überragend Wahlen gewonnen. Die jüngsten Umfragen bescheinigen ihr, dass sie zu den Sympathiewerten vor der Flüchtlingskrise zurückgekehrt ist.

May steckt noch mitten in dem die Briten spaltenden Brexit. Dagegen scheint Merkel das die Deutschen spaltende Flüchtlingsproblem im Griff zu haben. Zudem ist fraglich, ob sich Merkel im Wahlkampf so verzocken kann, wie es May mit hartem Brexit, unsensiblen Pflegekonzepten und kopfloser Terror-Reaktion tat.

Der Schulz-Effekt vom Jahresbeginn hat indes gezeigt, dass eine Sehnsucht nach etwas personell Neuem und sozialdemokratischen Orientierungen in Deutschland durchaus geweckt werden kann. Die Landtagswahlen dieses Jahres haben eben nicht nur drei Merkel-Vertraute siegen lassen. Sie haben vor allem den zum Gewinner gemacht, der ganz zum Schluss die größte Aufwärtsdynamik entfachen konnte.

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