Vereinte Nationen Der Brückenbauer

Bonn · Patrick van Weerelt leitet seit einem Jahr das UN-Wissenszentrum für nachhaltige Entwicklung. Es ist gut gebucht, weil gerade der Privatsektor das Thema für sich entdeckt. Bis Juni will der Niederländer van Weerelt das Personal verdoppeln.

 Der Brückenbauer Patrick van Weerelt.

Der Brückenbauer Patrick van Weerelt.

Foto: Benjamin Westhoff

Vor dem Fenster der Rhein, vor der Tür ein englischer Park, und das mitten in Bonn: Patrick van Weerelt leitet seit einem Jahr im Haus Carstanjen das UN-Wissenszentrum für nachhaltige Entwicklung (UNSSC). Dass mancher gern mit ihm den Arbeitsort tauschen würde, weiß er nur zu gut. Für ihn ist das edle Ambiente mehr als nur Optik: „Haus Carstanjen gibt unserer recht jungen Initiative gleich richtiges Gewicht. Es ist das einzige Schloss im gesamten UN-Betrieb.“ Für UN-Mitarbeiter aus Togo, Thailand, Vietnam und 115 anderen Ländern bietet die Szenerie das vielleicht letzte Quäntchen Motivation, zur Fortbildung die Reise an den Rhein anzutreten.

900 Teilnehmer hat der Niederländer van Weerelt seit Eröffnung des UNSSC vor einem Jahr in Bonn begrüßt. Das Zentrum vertieft nicht nur bei UN-Mitarbeitern das Wissen um nachhaltige Entwicklung, sondern konzipiert auch maßgeschneiderte Kurse für Konzerne mit Nachhaltigkeitszielen wie UPS oder Toyota, für Behörden oder philantropisch orientierte Einrichtungen. „Alle müssen lernen, wie man partnerschaftlich Ziele umsetzt und wie man Fallstricke vermeidet“, erklärt van Weerelt, „es geht nicht darum, wie man viel Geld vom Wirtschaftssektor einwirbt, sondern wie man ein gemeinsames Ergebnis erreicht.“ Beispiele für nachhaltige Lösungen, die allen helfen, sind Zelte für Flüchtlinge, wie der Möbelriese Ikea sie nun produziert, oder Automatisierungen, die der Softwarespezialist SAP für Gesundheitsprojekte entwickelt.

„Ohne die Initiativen des Privatsektors wären wir nie in der Lage, die Ziele nachhaltiger Entwicklung zu erreichen“, räumt der UN-Vertreter ein. Einen substanziellen Teil der Finanzierung des UN-Wissenszentrums muss van Weerelt durch Kursgebühren einspielen. „Es ist für uns eine Frage des Überlebens, dass wir uns schnell an Erfordernisse anpassen“, sagt der Zentrumsleiter. Sein Glück: Der Privatsektor hat die Dringlichkeit der Klimawandel-Problematik besser erfasst als viele staatliche Einrichtungen. Das UNSSC ist daher gut gebucht. Sein Team von acht Mitarbeitern will der Mann aus Rotterdam bis Juni auf 15 fast verdoppeln.

Patrick van Weerelt ist nach UN-Stationen in Italien, im Senegal, in New York, Genf und Südafrika im Oktober 2015 mit seiner Familie nach Bonn gekommen. „Ich bin superglücklich“, freut er sich, „in den Ministerien finden wir offene Türen für unsere Anliegen, mein Sohn kann mit dem Fahrrad zur Bonn International School fahren. Wir planen, längere Zeit hier zu bleiben.“ Auch intellektuell sei die Bundesstadt stimulierend. „Bei den vielen international tätigen Organisationen vor Ort entdecken wir fast jeden Tag neue Genies, die uns in der Fortbildung helfen“, so der Niederländer. Mit dem Strukturwandel im Ruhrgebiet liege auch „lebendes Anschauungsobjekt“ für die globalen Gäste vor der Tür.

Das Arbeitsmotto „Brückenbauen“ setzt der 47-Jährige auch persönlich um. Als es 2016 darum ging, einen internationalen Karnevalsverein zu gründen, war er sofort dabei. Mit ihm als Präsidenten sind die „UN Funken“ in dieser Session erstmals mit einem Wagen beim Rosenmontagszug vertreten.

Den Spaß an Fortbildung und lebenslangem Lernen hat der Menschenrechtsanwalt in Washington entdeckt, wo er Vorlesungen an der Uni gehalten hat. „Lernen innerhalb des UN-Systems passiert oft nur freiwillig“, sagt van Weerelt, „nur wer etwas wissen will, lernt.“ Eine starke UN, betont er, müsse das Thema Fortbildung jedoch anders angehen. Modelle gibt es genug – im Haus Carstanjen.

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