WCCB Der Bonner Stadtrat debattiert die politische Verantwortung

bonn · Die Bonner SPD hat es seit dem WCCB-Crash im Spätsommer 2009 nicht einfach. Aus ihren Reihen stammen die ehemalige OB Bärbel Dieckmann und ihr Nachfolger und Parteifreund Jürgen Nimptsch. Der hat es auch nicht einfach im Umgang mit dem WCCB-Erbe. Er versprach zwar "Aufklärung", praktizierte sie aber nicht.

Geradezu tragisch aus Sicht der Partei ist, dass eines ihrer Mitglieder eine Ratsdebatte provozierte, die sie nicht führen wollte: Wer trägt die politische Verantwortung für das Millionengrab? Dieckmann? Oder auch der damalige Stadtrat? Genau das hatte jüngst Bernhard "Felix" von Grünberg, SPD-Landtagsabgeordneter, dem damaligen Rat vorgeworfen; er hätte "sorgfältiger hingucken müssen". Ausgerechnet der alte Rat? Dem hatten die Rechnungsprüfer indirekt bescheinigt, betrogen worden zu sein.

Der Antrag des Bürger Bund Bonn (BBB) ließ denn auch nicht lange auf sich warten: Der Rat solle per Beschluss feststellen, dass er von Ex-OB Dieckmann über zentrale Fehlentwicklungen des WCCB-Komplexes nicht informiert worden sei. Nimptsch hatte noch am vergangenen Donnerstag versucht, den Antrag von der Agenda zu verbannen. Vergeblich. In seltener Eintracht stimmten Linke, CDU, FDP, BBB und Grüne dafür, während die SPD sich nicht beteiligte.

Die Debatte spiegelte hohe Erregungsfrequenz. Kein Wunder: Immer mehr bürgernahe Angebote stehen auf der Sparbühne, auch bedingt durch den langen WCCB-Millionenschatten. BBB-Vorsitzender Bernhard Wimmer zitierte aus der Dienstanweisung der Stadt Bonn, die auch für die ehemalige OB gegolten habe. Aufgaben, wie etwa die städtische Begleitung des WCCB durch eine Projektgruppe, könnten delegiert werden, wenn dies "zweckmäßig und vertretbar" erscheine. Aber damit entfielen nicht "Dienstaufsicht und Erfolgskontrolle". Ferner sei fernmündlich oder mündlich Vereinbartes "durch Aktenvermerke festzuhalten". Gerade daran mangelte es in Bonn. Wimmer, einst Stadtdirektor von Köln: "Wir mögen uns zwar internationale Stadt nennen, aber es herrschten balkanesische Zustände."

Der Rat hatte am 1. März 2011 um die Einleitung eines Disziplinarverfahrens bei der Kommunalaufsicht, der Regierungspräsidenten Gisela Walkens (SPD) gebeten. Die prüft seit 13 Monaten. Michael Faber (Linke) nennt ein Disziplinarverfahren "eine Selbstverständlichkeit". SPD-Mann Dieter Schaper glaubt, die Ratsmehrheit sei "traumatisiert". Hartwig Lohmeyer (Grüne) ist empört: "Ich kann nur als Zeuge im WCCB-Unterausschuss sagen, wie oft ich mitbekommen habe, dass Nicht-Information immer ein großes Thema war." Es gehe "um die Verantwortung der ehemaligen OB gegenüber der Gemeindeordnung". Lohmeyer sagt, wie es korrekt abgelaufen wäre: "Kein Eigenkapital, kein Spatenstich."

Klaus-Peter Gilles (CDU): Als das WCCB bereits am Kippen gewesen sei, "hat uns Herr N. (Naujoks, städtischer WCCB-Controller/Anm. d. Red.) noch Märchen über die Baukostenexplosion erzählt". Wilfried Klein (SPD), damals, 2005, Verwaltungsrats-Vorsitzender bei der Sparkasse, assistierte von Grünberg: "Wir haben Fehler gemacht, weil wir zu wenig nachgefragt haben." Mit dieser Erinnerung stand er jedoch allein. "Es ist für mich ein bleibendes Erlebnis", sagte Gilles, "dass mir ein Schnösel im Unterausschuss sagt: Wer fragt, gefährdet das Projekt."

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