Bundesverfassungsgericht kassiert das BKA-Gesetz De Maizière kritisiert Karlsruher Spruch

Berlin · Das Verfassungsgericht hat an den Befugnissen des BKA zur Terrorabwehr einiges auszusetzen. Der Bundesinnenminister kann die geforderten Einschränkungen nicht nachvollziehen.

 Scharfe Kritik von der Richterbank: Das Bundesverfassungsgericht zerpflückt das BKA-Gesetz.

Scharfe Kritik von der Richterbank: Das Bundesverfassungsgericht zerpflückt das BKA-Gesetz.

Foto: dpa

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hat das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum BKA-Gesetz ungewöhnlich scharf kritisiert. Die Karlsruher Richter hatten die weitreichenden Befugnisse des Bundeskriminalamtes zur Terrorabwehr teilweise für verfassungswidrig erklärt und den Gesetzgeber aufgefordert, bis Ende Juni 2018 die Regelungen nachzubessern. De Maizière sagte zwar, dies sei „zu respektieren und umzusetzen“, zumal das Gericht die Befugnisse „im Grundsatz“ akzeptiert habe. Zugleich stellte er jedoch klar, dass er die geforderten Einschränkungen nicht nachvollziehen könne.

Dies seien „Bedenken, die ich nicht teile, und die den Kampf gegen den internationalen Terrorismus nicht erleichtern“, sagte der Bundesinnenminister. „Wie real die terroristische Bedrohung in Europa und Deutschland geworden ist, das zeigen die schrecklichen Anschläge aus der letzten Zeit, insbesondere in Brüssel, Paris und Istanbul.“ Seit das Gesetz im Jahr 2009 in Kraft getreten sei, habe sich „die Lage verschärft und nicht verbessert“, so de Maizière.

Er werde jetzt alles daransetzen, dass trotz des Urteils „die verfassungsmäßigen und rechtsstaatlichen Befugnisse im Kampf gegen den Terrorismus praktikabel anwendbar bleiben.“ Besonders wichtig erscheint ihm dabei der Austausch deutscher Behörden mit ausländischen Sicherheitsdiensten, bei denen Karlsruhe hohe Anforderungen zum Schutz der Persönlichkeitsrechte stellt. Dieser Austausch müsse „erhalten, ja ausgebaut werden.“

Auch der CDU-Innenexperte im Bundestag, Clemens Binninger, äußerte im Gespräch mit dieser Zeitung die „Sorge, ob man mit den Anforderungen in dieser Detailliertheit noch der Herausforderung der Terrorabwehr gerecht werden kann, weil die Sicherheitsbehörden unter enormem Zeitdruck stehen, wenn sie Ereignisse wie in Paris oder Brüssel verhindern wollen.“

Zu komplizierte Vorschriften würden dazu führen, dass die Regelungen „nicht mehr lageangepasst“ angewendet werden könnten. Binninger verwies außerdem darauf, dass der Richterspruch erhebliche Auswirkungen auf die Polizeigesetze der Bundesländer habe, „da viele Passagen des BKA-Gesetzes auch Bestandteil der Ländergesetze sind“. Die Wahrscheinlichkeit, „dass alle Länder ihre Polizeigesetze jetzt im Lichte dieses Urteils anpassen müssen, ist sehr groß“, so der Innenexperte.

Die Opposition begrüßte das Urteil. FDP-Vize Wolfgang Kubicki sagte, die beanstandeten Befugnisse seien „nicht nur unverhältnismäßig“. Ein „Mehr an Überwachung“ lasse sich nicht rational begründen. Kubicki verwies darauf, dass „die Attentäter aller Terroranschläge der letzten Jahre den Sicherheitsbehörden bekannt waren“. Erfolgreich geklagt hatten unter anderem der ehemalige Bundesinnenminister Gerhart Baum (FDP), der frühere Kulturstaatsminister Michael Naumann (SPD) und mehrere Grünen-Politiker. Sie alle sahen die Persönlichkeitsrechte ⋌verletzt. Das BKA-Gesetz wurde 2009 geändert, um dem Bundeskriminalamt bei einer länderübergreifenden Gefahrenlage Ermittlungen zur Terrorabwehr zu ermöglichen. Seitdem darf das BKA auch zu diesem Zweck Wohnungen verwanzen, Überwachungskameras installieren, Telefonate abhören und Computer ausspähen.

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