Trockenheit in Deutschland Diese Folgen hat der Hitzesommer in Bonn und der Region

Bonn/Köln · Freibadnutzer können von regenfreien Tagen nicht genug bekommen. Doch nicht jeder ist so begeistert von der anhaltenden Hitze und Trockenheit in Bonn und der Region. Ein Überblick über die Lage.

Deutschland im Sommer 2018: Die Menschen schwitzen, das Ackerland dürstet, und ein Ende ist nicht in Sicht. Teile Ostdeutschland erleben laut Angaben des Deutschen Wetterdienstes eine der schlimmsten Trockenperioden seit mehr als 50 Jahren. Im Südwesten Deutschlands gab es dagegen unwetterartige Gewitter mit Überschwemmungen. Auch das Rheinland ist von der anhaltenden Trockenheit und Hitze betroffen.

Wiesen und Bäume

Den Pflanzen in Köln und Bonn macht die Hitze zu schaffen. „Hier geht der Rasen gerade an allen Stellen kaputt“, berichtet Joachim Bauer, stellvertretender Leiter des Kölner Grünflächenamts. Dieses Bild beschreibt auch ein Pressesprecher der Stadt Bonn. Die gute Nachricht: „Das ist nichts Dramatisches. Es sind überall so viele Samen im Boden, wenn es einen halben Tag regnet, wächst das wieder nach“, sagt Bauer. Blumenbeete wie im Rheinpark und an der Flora gieße das Grünflächenamt dagegen jeden Tag. „Sonst hätten sie überhaupt keine Chance.“

Bäume an Straßen hätten mit der Trockenheit Probleme, da der Boden in der Stadt oft versiegelt sei. Da es in Köln aber rund 80.000 solcher Straßenbäume gebe, sei es „logistisch unmöglich“ sie zu bewässern. Ein paar Gießkannen würden ohnehin nicht reichen: „Je nach Alter des Baumes, muss man sehr viel Wasser einbringen“, erklärt Bauer. Rund 200 Liter Wasser könnten so täglich fließen – pro Baum. Lediglich die etwa 150 Bäume an extremen Standorten, wie über Tiefgaragen, gieße die Stadt. „Die stehen im Prinzip im Blumentopf.“ Neue Bäume pflanzen und pflegen in Köln in ihren ersten drei Lebensjahren externe Firmen. Dazu kämen etwa 1500 Baumpaten und Initiativen, die sich das ganze Jahr um bestimmte Bäume und Beete kümmerten.

Das Amt für Stadtgrün der Stadt Bonn bittet derweil um Wasserspenden: „Jeder Eimer Wasser hilft den Bäumen, die Trockenperiode zu überstehen“, sagt Amtsleiter Dieter Fuchs. „Besonders junge Straßenbäume leider unter dem Wassermangel, weil sie noch nicht genügend Wurzeln ausbilden konnten, um im Boden gespeichertes Wasser zu erreichen.“

Das Amt empfiehlt, den harten Boden zunächst anzufeuchten und dann nachzugießen. Für Bäume seien mindestens drei Eimer Wasser alle zwei Tage optimal. „Auch Sträucher in Pflanzkübeln, Fassadenbegrünung und andere Pflanzen freuen sich über Wasserspenden“, so die Mitteilung weiter.

Wasser

„Keiner muss sein Wasser rationieren“, sagt Norbert Eckschlag, Geschäftsführer des Wahnbachtalsperrenverbands. Dass man damit trotzdem „sorgsam und umsichtig“ umgehe, verstehe sich von selbst. Bonn und große Teile des Rhein-Sieg-Kreises beziehen Trinkwasser aus der Wahnbachtalsperre. Trotz der Trockenheit befänden sich laut Eckschlag momentan ziemlich genau 32 Millionen Kubikmeter Wasser darin – gut drei Viertel der maximalen Füllmenge. Bei 119,35 Metern über dem Meeresspiegel stand der Pegel am Mittwoch (maximal: 124,1). „Momentan sinkt er um rund fünf Zentimeter täglich“, berichtet Eckschlag.

Alles kein Grund zur Sorge. Lediglich im ersten Jahr nach Inbetriebnahme 1958 sei es mit dem Wasser ein bisschen knapp geworden. „Selbst wenn es ein Jahr lang nicht regnen würde, könnten wir die Wasserversorgung für ein Jahr garantieren.“ Und er gehe fest davon aus, dass die Niederschläge im Herbst und Winter die Talsperre wie gewohnt füllen werden.

Gesundheit

Das heiße Wetter mache vor allem älteren Menschen zu schaffen, die dann mit Kreislaufproblemen und Dehydrierung zu kämpfen hätten, berichtet Sigrid Krebs, Pressesprecherin der Kliniken Köln. „Es ist ganz wichtig, in diesen Phasen genug zu trinken“, betont sie. „Auf die normalen zwei bis drei Liter kann man noch eine deutliche Schippe drauflegen.“

Ihr persönlicher Tipp: kalter Tee mit Eiswürfeln. „Schmackhaft und ohne Kalorien.“ Von Limos und süßen Säften sollte man lieber die Finger lassen, der viele Zucker mache das Blut zu dick. Um den Mineralverlust durchs Schwitzen entgegenzuwirken, empfiehlt sie, zwischendurch etwas Salziges zu essen. Tagsüber könne man die Rollläden unten lassen und leichte Kleidung aus Baumwolle tragen. „Damit entlastet man auch den Körper“, so die Pressesprecherin.

Momentan beobachteten die Ärzte in den beiden größten Notaufnahmen in den Krankenhäusern in Merheim und Holweide „eine leichte Zunahme“ von älteren Patienten mit hitzebedingten Beschwerden. Krebs vermutet: Es seien nicht mehr, da im Moment eine trockene, wenig schwüle Hitze vorherrsche.

Wälder

„Langsam wird es kritisch“, sagt Uwe Schölmerich, Leiter des Regionalforstamtes Rhein-Sieg-Erft. Vor drei Wochen waren hauptsächlich Grasflächen von der anhaltenden Trockenheit betroffen, jetzt hat er die ersten Linden und Birken beobachtet, die ihre Blätter verlieren. „Vor allem die Flachwurzler haben Stress, und das wird sich noch verschärfen.“

Erleichtert ist er, dass es trotz hoher Gefahr bisher zu keinem Waldbrand gekommen ist. „Vor allem auf offenen Flächen, wo geschlagenes Holz in praller Sonne liegt, brennt es jetzt schnell“, warnt Schölmerich. Spaziergänger sollten sich strikt an die Verbote (nicht rauchen, nicht grillen, kein offenes Feuer) halten und sofort die 112 wählen, wenn sie ein Feuer sehen. „Und wenn es gerade im Entstehen ist, kann man auch einen Ast mit grünen Blättern nehmen und es damit ausschlagen.“

Ob der Wald dauerhaft leidet, sei offen. Viele Bäume stellen jetzt das Wachstum ein, einzelne könnten auch absterben. „Aber es ist erstaunlich, was Bäume abkönnen, wie schnell sie sich erholen können.“ Ein echter Profiteur des Wetters ist allerdings der Borkenkäfer. „Der ist hellauf begeistert und vermehrt sich, wo er kann.“ Für die Forstarbeiter bedeutet das vor allem Mehrarbeit – befallenes Holz muss schnell ins Sägewerk, bevor der Schädling Bäume in der Umgebung befallen kann.

Rheinschifffahrt

Beim Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt (WSA) Köln nimmt man die aktuelle Lage gelassen: „Derzeit steht der Pegel in Köln bei 1,5 Meter, dazu kommt ein rechnerischer Zuschlag von 1,11 Meter. Wir haben also eine Wassertiefe von 2,6 Metern, das ist nicht ungewöhnlich“, erklärt Rolf Nagelschmidt vom WSA Köln. „Die Kölner brauchen sich also keine Sorgen machen, dass der Schiffskonvoi zu den Kölner Lichter am Wochenende ausfällt“, beruhigt er. „Die Schiffsführer müssen einfach mehr aufpassen, so einfach ist das.“

Auch sein Kollege Markus Müller aus Bonn lässt sich bei einem Pegelstand von 1,52 Meter noch nicht aus der Ruhe bringen : „Das ist zwar niedrig, aber noch Ok.“, sagt Müller. „Erst wenn er knapp über ein Meter ist“, dann wird es eng.“ 2003 lag der Pegel in Köln bei 0,8 Meter.

Weil viele Schiffe um die 2,5 Meter Tiefgang haben, fahren sie allerdings jetzt schon mit halber Ladung. Ein Fahrverbot wegen Niedrigwasser gibt es nicht: „Der Schiffsführer allein verantwortlich, ob er fährt oder nicht“, erklärt Nagelschmidt. Und: „Festfahrer gibt es auch bei drei Meter Pegelstand.“

Landwirtschaft

In anderen Regionen sieht es zwar schlimmer aus, aber auch im Rheinland warten die Landwirte auf Regen. Zuckerrüben, Kartoffeln sowie Futterpflanzen wie Mais und Gras brauchen nach Angaben des Rheinischen Landwirtschaftsverbandes dringend Wasser. Bei der aktuell laufenden Raps- und Weizenernte rechnen die Bauern mit Ertragseinbußen zwischen zehn und 30 Prozent.

Bei den Gemüsebauern laufen derzeit Tag und Nacht die Beregnungsmaschinen, damit die Pflanzen nicht vorzeitig blühen und Samen bilden, um ihre Art zu erhalten, so der Provinzialverband Rheinischer Obst- und Gemüsebauern in Bonn. Möglich sei dies, weil die Gemüseerzeuger in der Regel Wasser für die Beregnung über Brunnen aus dem Grundwasser fördern dürften. „Kaum Probleme erwarten die Obstbauern, weil die Bäume meist älter sind, tiefer wurzeln und deshalb mit dem Trockenstress besser umgehen können“, erklärt RLV-Pressesprecherin Marilena Kipp. Junge Bäume könnten allerdings Schwierigkeiten bekommen, und die Ernte werde vermutlich etwas früher stattfinden.

Wetter

„Im Vergleich zu anderen Regionen ist es, statistisch gesehen, hier eigentlich harmlos“, sagt Michael Klein vom Wetterdienst Donnerwetter.de. Zwar sei es seit April immer wieder zu trocken gewesen, aber im Juni habe die Niederschlagsmenge in der Region immerhin bei 90 Prozent gelegen, im Mai bei 70 Prozent. In Mecklenburg-Vorpommern habe es dagegen Werte von sieben Prozent gegeben. Allerdings, so gibt der Wetterexperte zu bedenken, täuschen die statistisch hohen Niederschlagswerte für das Rheinland: „Das waren oft Gewitter oder heftige Regengüsse, und die helfen nicht: Da gibt es lokal begrenzt in kurzer Zeit zu viel Niederschlag, das füllt die Speicher im Boden nicht auf.“

Aus Sicht des Wettermannes spricht derzeit wenig für eine Veränderung der Lage. Seine vorsichtige Prognose: Am Wochenende kann es einen kleinen Knick geben, aber dann wird es noch mal heißer. Und vor allem: Auch nachts kühlt es nicht mehr unter 20 Grad ab. Tropennächte eben. Vom Rekordjahr 2003 sei man allerdings noch weit entfernt: „Aber der Sommer“, so Klein, „ist ja auch noch lange nicht vorbei.“

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