Botanischer Garten Das bietet die Flora in Köln

Köln · Die Flora in Köln ist zwar zurzeit eine Baustelle - trotzdem lockt der Botanische Garten unter anderem mit einer Kameliensammlung und seiner Tulpenblüte. Ein Besuch lohnt sich in der historischen Anlage immer.

Die Flora erzählt viel über Köln, sie erzählt von rauschenden Festen und roten Zahlen, von Bombenschäden und Bürgerengagement. Die Welt wird hier ganz klein, wenn man in wenigen Schritten vom Himalaya in die Alpen wandert – wie in der Stadt, wo die Gegensätze auch oft dicht nebeneinander liegen. Die Flora ist zugleich weltoffen, mit der einzigen ausgepflanzten Palmenallee Nordeuropas und den 650 Kameliensorten, die dem Botanischen Garten die Auszeichnung „International Camelia Society Garden of Excellence“ bescherte.

Streng genommen besteht die 1862 gegründete Flora aus zwei Gärten. Der Botanische Garten öffnete 1914 unmittelbar angrenzend als öffentlicher, botanischer Lehrgarten. Seit 1920 sind beide Gartenteile vereint. Lange Zeit gab es nur ein Guckloch in der Mauer, durch das die Hautevolee die Bürger beim Sonntagsspaziergang beobachten konnte und umgekehrt.

Flora war ein Prestigeobjekt

Die Flora war ein Prestigeprojekt. Als der alte Botanische Garten am Dom für den Bau des Hauptbahnhofs weichen musste, gründeten wohlhabende Bürger eine Aktiengesellschaft, um vor den Toren der Stadt einen neuen Lustgarten zu finanzieren. Sie bauten ein riesiges Palmenhaus als Tanzsaal, dessen tropische Bepflanzung sich schnell als nicht balltauglich erwies und deshalb einer mediterranen Caféhaus-Ausstattung weichen musste.

Der berühmte, in eine Bonner Gärtnerfamilie geborene preußisch-königliche Peter Josef Lenné schuf mit seinem Spätwerk der Kölner Flora ein Ensemble verschiedener Gartenräume mit Zitaten des französischen Barock, der italienischen Renaissance und des englischen Landschaftsgartens. „Die Flora war der Schlossersatz der Kölner und damals nicht öffentlich zugänglich. Selbst der reduzierte Eintritt war für Familien fast unbezahlbar, denn er betrug, auf heute umgerechnet, etwa 70 Euro pro Person“, berichtet Gartenleiter Stephan Anhalt.

Eröffnung ist 2023 geplant

Bilder aus der Kölner Flora
33 Bilder

Bilder aus der Kölner Flora

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Das schmiedeeiserne Gartentor, an dem die Kinder im 19. Jahrhundert die einfahrenden Kutschen beobachteten, steht heute jedem offen. Kindergartengruppen streifen durch die Flora, Schüler beantworten an den Mitmachstationen im Garten Fragen oder lernen in der „Grünen Schule Flora“, wie Verdunstungskälte im Laubengang funktioniert. Manche Kinder finden auch die großen Bagger spannender, die am Rohbau für die neuen Gewächshäuser arbeiten.

2023 sollen sie eröffnet werden, die großen Sammlungen sind unterdessen ausgelagert. Die Baustellen gehören zum Garten wie zu Köln. Bald müssen die Wege für neue Wasserleitungen aufgebuddelt werden, im Irisgarten haben die Mitarbeiter dem Schachtelhalm den Kampf angesagt und verlegen flächendeckend Folie als Barriere. Schautafeln an den Wegen zeigen, wie die luftigen, neuen Glashäuser aussehen sollen, in denen die Besucher auf einem barrierefreien Rundweg bis über fünf Meter hoch in die Baumkronen gelangen können oder durch einen Wüstencanyon streifen.

Subtropenhaus vom Abriss verschont

Das Subtropenhaus ist das einzige, das vom Abriss im vergangenen Herbst verschont geblieben ist. Hier zeigt die Flora einen Teil ihrer Schätze, die prämierten Kamelien. Die frostempfindlichen Sorten präsentieren ihre ganze Blütenpracht unterm Glasdach, die winterharten Sorten blühen in einem regelrechten Wald aus Kamelien. Schon die Samurai züchteten Kamelien, ebenso die Engländer.

Chinesische Kaufleute haben ihnen statt der gesuchten Teepflanzen immer wieder Zier-Kamelien untergejubelt. Anhand der Blätter sind die eng verwandten Arten kaum zu unterscheiden“, erklärt der promovierte Botaniker Stephan Anhalt. Dafür sind die Blüten umso vielfältiger. Die einen sehen aus wie Nelken, andere wie Ziegeldächer oder wie Hibiskus. Anhalt mag inzwischen auch die üppig gefüllten, „typisch kölsch“ mit etwas zu viel Rüschen und Farbe.

Kein Universitätsgarten

Im Außengelände geht eine Frau ganz nah ran, um eine besonders große Magnolienblüte zu fotografieren. „Bleiben Sie auf den Wegen“, bittet Anhalt im Vorbeigehen und erwidert auf die Entschuldigung der Besucherin: „Das Problem sind auch nicht Sie, sondern die anderthalb Millionen, die nach Ihnen kommen.“ So viele Besucher zählt die Flora pro Jahr. Am Wochenende kann es zum Stau an der Palmenallee kommen. „Lauschiger ist es natürlich an einem schönen Werktag“, empfiehlt Anhalt. Es gibt das ganze Jahr über etwas zu entdecken. Die Kamelienblüte ist bald vorbei, dafür machen sich gerade 30.000 Tulpen, Kaiserkronen und Hyazinthen im Barockgarten bereit. Im Sommer spricht der Duft- und Tastgarten alle Sinne an.

Anders als in Bonn ist der Botanische Garten in Köln kein Universitätsgarten. „Wir locken mit Schönheit... und bestäuben mit Wissen“, sagt Anhalt. Die Göttin Flora sucht man in der Flora übrigens (noch) vergebens. Ihr Platz ist in Folge des Zweiten Weltkrieges mit Sprengbombenschäden an Glaspalast, Gewächshäusern und Tempeln verwaist. Aber das ist wieder eine eigene Geschichte, die die Flora erzählen kann.

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