Ein Mädchen! Das Baby-Girl der Nation

London · Die Neuigkeiten vorneweg: Herzogin Catherine hat am Samstagmorgen um 8.34 Uhr Ortszeit in Anwesenheit ihres Mannes, Prinz William, ihr zweites Kind auf die Welt gebracht. Das Baby wog bei der Entbindung im privaten Lindo-Flügel des Londoner St. Mary's Krankenhauses 3714 Gramm. Und: Es ist ein Mädchen, Ihre Königliche Hoheit.

Bevor die Familie bereits am frühen Samstagabend zurück in den Kensington-Palast fuhr, fand noch der offizielle Präsentationsmoment statt: Nach nur etwa zehn Stunden, kurz nach 18 Uhr verließ die Familie die Klinik wieder. Die Menge johlte.

Und die sichtlich glücklichen Eltern zeigten eine schlafende Prinzessin, die eingehüllt war in einen weißen Schal und eine gehäkelte Mütze auf dem Kopf trug. Kate und William wirkten entspannt, die Medien lobten das Aussehen der Herzogin, die ein Kleid mit gelben Blumen trug. Ihr Friseur war am Nachmittag in der Klinik aufgetaucht, um der 33-Jährigen ihren typisch makellosen Look zu verpassen.

Nach ein paar Winkesekunden war die Familie weg und hinterließ eine etwas enttäuschte Menge. Die Wartenden hatten ein paar Worte erwartet. Doch die bekamen sie bereits am Nachmittag, als William kurz vor 16 Uhr durch den Haupteingang das Krankenhaus erstmals allein verließ. „Wir sind sehr glücklich“, erwähnte er strahlend, dann fuhr er in einem Range Rover dahin, um nur kurze Zeit später mit seinem Erstgeborenen zurückzukehren.

William und George winkten im Partnerlook mit weißem Hemd und blauem Pulli den Zuschauern zu und in die Fernsehkameras hinein. Es war das vorläufige Highlight eines langen Tages.Gegen 6 Uhr morgens wurden die campenden Royalisten, die seit Wochen vor der Klinik ausharrten, vom Blaulicht der Polizei geweckt. „Ich dachte, ich bin in einer Disko“, sagte Kathy Martin, die tagelang auf einer Pritsche übernachtete.

Dabei waren es lediglich die Ordnungshüter, die für freie Straßen sorgten. Martins Haare sind noch ungekämmt, im Eifer des Gefechts kam sie nicht einmal dazu, ihr „I was here first“-T–Shirt (Ich war als Erste da) anzuziehen. Um 7.35 Uhr britischer Ortszeit ging die Pressemitteilung an die Journalisten heraus, dass Kate sich im frühen Stadium der Wehen befinde und um 6 Uhr morgens mit dem Auto ins Krankenhaus gefahren wurde.

Das Warten hatte endlich ein Ende. Der Freudentaumel brach aus. Hunderte Fans pilgerten in Scharen zum Krankenhaus, ein „town crier“, Marktschreier in kunstvollem Kostüm, läutete eine Glocke und verkündete in dröhnender Stimme: „Möge unsere Prinzessin lang leben, glücklich und glorreich sein.“ Er las in alter Manier von einer Papierrolle ab.Während bislang alle Beobachter außerhalb Großbritanniens dachten, dass die Briten wegen des royalen Babys Nummer Zwei, Platz Vier in der Thronfolge nach Opa Charles, Papa William und Bruder George, durchdrehten, drehten nun wirklich viele Briten durch.

„Princess, Princess“, riefen die Wartenden vor dem Krankenhaus immer wieder, nachdem die frohe Kunde die Runde machte. Unter ihnen Terry Hutt, der größte aller Superfans des Königshauses. In dieser Funktion erzählte er, eingehüllt in einen Union-Jack-Anzug, der Presse, wie „verzückt“ er über die Geburt des Mädchens sei – das Wunschgeschlecht der Superfans. Die Bochumerin Ursula Porwollik stand am Samstagmittag fasziniert vor dem Absperrzaun und konnte ihr Glück kaum fassen. Erst am Morgen kam sie mit einem Bus aus Deutschland an, nur einen Tag würde sie in London bleiben und dann das: Sie erlebte dieses Ereignis. „Ich bin ganz gerührt“, so die Touristin. Sie darf als großer Fan der Königsfamilie bezeichnet werden, insbesondere der tödlich verunglückten Diana.

„Sie guckt heute vom Himmel zu und freut sich“, sagte Porwollik und wischte sich aufgeregt eine Freudenträne aus dem Augenwinkel. Kate, Prinzessin der Herzen, die Zweite, und William seien „Hoffnungsträger“. Dagegen hing der Hannoveraner Michael Hampe, er stellt sich englisch mit „Maikel“ vor, am Nachmittag am Telefon.„Ja, es ist anscheinend eine Prinzessin“, sagte er zu seiner zuhause gebliebenen Frau, die die Geschehnisse am Bildschirm verfolgte.Durch die Königsfamilie fließe „viel deutsches Blut“, so Margaret Tyler, die mit einer Flasche Champagner und anderen Devotionalien durch die Masse zieht. „Es ist also auch eure royale Familie“, erklärte sie. „Euer royales Baby.“ Superfan Hutt nickte.

Er übernachtete fast zwei Wochen vor der Klinik in einem Zelt. „Es war kalt und ärmlich.“ Er sah merklich mitgenommen aus, die Zeit im Freien hat an ihm genagt. Vor wenigen Tagen feierte der Royalist, an diesem Wochenende beliebtester Selfie-Partner für die umstehenden Gratulanten, seinen 80. Geburtstag. Ihm wurden Kuchen geschenkt, sogar das Team des Kensington-Palastes schickte ihm eine Schokoladentorte plus Karte. „Alles Gute zum Geburtstag und beste Grüße!“, schrieben William und Kate handschriftlich auf eine Karte - mit kreisförmigen Tüpfelchen auf dem „i“. Ob es tatsächlich sie waren, die die Worte an Terry Hutt gerichtet haben, kann nicht verifiziert werden. Hutt glaubt es, die Hauptsache.

Jetzt trinken er und die Co-Superfans aus Plastikgläsern Champagner, lassen Knalltüten platzen, schwenken Fähnchen und wahren die Geschenke zur Geburt wie einen Schatz in einer William-und Kate-Hochzeits–Tüte auf. Eine Sparbüchse fürs Taschengeld von George in Form eines Londoner Doppeldeckerbusses und ein gestrickter Strampler in weiß, Handschühchen und Söckchen für die jüngste Prinzessin, bis zum Abend noch namenlos.Die royale Welt ist „delighted“, entzückt, wie der Brite sagt. Und die Uroma, Königin Elizabeth II., darf sich freuen. Mehr Harmonie und Glückseligkeit im Bild der Königsfamilie könnten kaum möglich sein. Wieder laufen sie, die Freudentränen.

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