John Brennan in Not CIA in Erklärungsnot

WASHINGTON · Dass der Einsatz eines BND-Maulwurfes aufgeflogen ist, macht Geheimdienstchef John Brennan zu schaffen.

Als John Brennan kürzlich in der Georgetown Universität in Washington ein öffentliches Forum an den Gedankengängen der "Central Intelligence Agency", kurz CIA, teilnehmen ließ, gingen bei manchen Zuhörern die Augenbrauen hoch.

Um im digitalen Zeitalter die "unverzichtbare" Quelle für nationale Sicherheit zu werden, sagte der Direktor des amerikanischen Auslandsgeheimdienstes, "müssen wir unsere Anstrengungen erhöhen, Geheimnisse zu knacken, die nur Menschen gewinnen können".

NSA-Überwachung - schön und gut, so verstanden viele die Bemerkung, aber das Kern-Geschäft der Aufklärung ist immer noch eins aus Fleisch und Blut. Mag sein. Nur erwischen lassen darf man sich dabei nicht.

Im Fall des 31-jährigen Deutschen, der seit zwei Jahren für die USA Hunderte sensible Dokumente aus den Registraturen des Bundesnachrichtendienstes (BND) beschafft und dafür knapp 35 000 Dollar Verräter-Lohn kassiert haben soll, ist das oberste Gesetz der Branche offenkundig sträflich missachtet worden.

Regierungsbeamte in Washington spicken seit Montag ausgesuchte US-Medien mit dem dezenten Hinweis, dass der aufgeflogene Spitzel von Pullach auf das Konto der in Langley vor den Toren Washingtons sitzenden CIA geht. Berlin schäumt. Die Kanzlerin ist pikiert. Der Schaden ist beträchtlich. Einer muss ihn wegräumen. Und das zügig.

Während Deutschland gegen Gastgeber Brasilien im Halbfinale der Fußball-WM ackerte, suchte John Brennan offenbar den Entlastungsangriff auf anderem Parkett. Der frühere Chefberater von Präsident Barack Obama, so berichten Eingeweihte im Gespräch mit dieser Zeitung, klärt seit dem Wochenende Mitglieder der Geheimdienstausschüsse im Senat und im Repräsentantenhaus in Einzel-Telefonaten über die Hintergründe der missglückten Aktion auf, die das seit Edward Snowden angespannte Verhältnis zwischen Berlin und Washington weiter verschlechtert hat.

Für Brennan keine Allerweltsaufgabe. Der aus einer irisch-katholischen Einwandererfamilie stammende Mann aus New Jersey befindet sich mit maßgeblichen Mitgliedern im Kongress seit Amtsantritt im März 2013 auf Kriegspfad. Dabei geht es vor allem um die Aufarbeitung der Zeit nach den Terror-Anschlägen vom 11. September 2001.

Die CIA hatte seinerzeit in Geheimgefängnissen auch in Ost-Europa Terrorverdächtige misshandelt, um Informationen zu erpressen. Dabei spielte simuliertes Ertränken Verdächtiger ("waterboarding") eine zentrale Rolle.

Später stellte sich nach einer Ermittlung im Senat heraus, dass der Geheimdienst über die Qualität der gewonnenen Erkenntnisse gelogen hatte, schrieb die "Washington Post". Es gab so gut wie keine Informationen, die zur Vereitelung von terroristischen Anschlägen geführt hätten, heißt es in einem mehrere 1000 Seiten dicken Bericht, der bis zur Stunde auf seine vollständige Veröffentlichung wartet.

Seither liegen Geheimdienst und Kontrolleure im Clinch. Der Zwist gewann Krimi-Qualität, als zuletzt bekannt wurde, dass die CIA dem Senat zur Verfügung gestellte Computer gehackt und zur Aufarbeitung nötige Dokumente gelöscht haben soll. Der republikanische Senator Rand Paul sprach von "machttrunkenen Geheimdiensten". Demnächst könnte noch der Begriff "unfähig" dazu kommen.

Laut Recherchen des TV-Senders CBS wurde der BND-Maulwurf von der CIA gezielt geführt, um die interne Meinungsbildung beim Verbündeten Deutschland in der aufgeregten Post-Snowden-Zeit zu ergründen. Dass er sein Wissen hemdsärmelig auch den Russen andiente und dies dem deutschen Inlandsgeheimdienst (Bundesamt für Verfassungsschutz) zu Ohren kam, wirft ein fahles Licht auf die Fähigkeiten des schon 1947 gegründeten Dienstes CIA.

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