Verstoß gegen EU-Regeln Brüssel fordert Nürburgring-Geld zurück

BRÜSSEL · Wenn Joaquin Almunia in seiner Eigenschaft als Wettbewerbskommissar der EU seine Entscheidungen verkündet, spielen Emotionen selten eine Rolle. Sogar Verärgerung über die Missachtung der Beihilfe-Vorschriften lässt der 66-jährige Spanier nicht raus.

Gestern aber wurde er deutlich, als er die lange erwartete Entscheidung der Europäischen Kommission zum Projekt Nürburgring verkündete.

Überraschend drastisch listete er dabei auf, wie vor allem die Mainzer Landesregierung unter ihrem damaligen Ministerpräsidenten Kurt Beck (SPD) staatliche Förderungen ausgeschüttet hatte, die nicht "vorher bei der Kommission zur Genehmigung angemeldet wurden, wie es nach den EU-Vorschriften erforderlich gewesen wäre".

Sein Fazit fiel denn auch unmissverständlich aus: "Im Falle des Nürburgrings verstießen die Fördermaßnahmen ganz klar gegen die Beihilfevorschriften."

Seit 2002 befanden sich die Nürburgring-Gesellschaften in gravierenden Problemen. Das Land sprang entweder selbst "oder über öffentliche Unternehmen, die von dem Bundesland kontrolliert wurden", ein. Insgesamt seien "mindestens" 1,278 Milliarden Euro in die Eifel geflossen. Nun fordert Brüssel 456 Millionen zurück.

Das wäre wohl zu umgehen gewesen, wenn die ehemaligen Eigentümer einen Restrukturierungsplan vorgelegt hätten, um die Rentabilität des Unternehmens wiederherzustellen. Mit dieser Möglichkeit des europäischen Beihilfe-Rechtes soll sichergestellt werden, dass die "öffentliche Förderung auf das erforderliche Minimum beschränkt ist und öffentliche Gelder nicht vergeudet werden".

Doch stattdessen kreierte das Land, so Almunia gestern, für die Rennstrecke, den Freizeitpark sowie die Hotels ein System aus "Kapitalzuführungen, Darlehen, öffentlichen Garantien, Patronatserklärungen, günstigeren Pachtzinsen als marktüblich, Leistungsvergütungen und Zuschüssen".

Selbst solche Fördermaßnahmen seien möglich, ohne das EU-Beihilferecht zu berühren, wenn sie "zu Bedingungen gewährt werden, die für einen privat handelnden Marktteilnehmer annehmbar wären". Doch das war am Ring nicht der Fall.

Allerdings seien der Verkauf der Anlage im März an den Automobilzulieferer Capricorn ebenso wie das vorherige Bieterverfahren "offen, transparent und diskriminierungsfrei" durchgeführt worden. Auch der Kaufpreis von 77 Millionen Euro liege auf dem Niveau des Marktes. "Deshalb haftet der Erwerber nicht für die Rückzahlung der unvereinbaren Beihilfen."

Dass Brüssel über das Verhalten der damaligen Landesregierung verärgert gewesen sein dürfte, liegt auf der Hand. "Der Staat darf Unternehmen in Schwierigkeiten unterstützen, sofern er dabei die Beihilfevorschriften beachtet, mit denen die Verschwendung von Steuergeldern und ungerechtfertigte Wettbewerbsverzerrungen verhindert werden sollten", belehrte der Kommissar seine deutschen Ansprechpartner gestern. "Aber solche Beihilfen müssen dazu dienen, Unternehmen umzustrukturieren und wieder auf Erfolgskurs zu bringen, statt sie künstlich über Wasser zu halten."

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