Mehr Salafisten Bonn gehört zu Szene-Schwerpunkten

DÜSSELDORF · In NRW schließen sich immer mehr junge Muslime der radikalen Salafisten-Szene an. Knapp 200 der 1800 extremistischen Salafisten sind laut Verfassungsschutz gewaltbereit.

Eine besondere Sicherheitsgefahr stellen aus Kriegsgebieten zurückkehrende "Gotteskrieger" dar, die den Umgang mit Waffen und Sprengstoff erlernt haben. "Rückkehrer sind ideologisch weiter radikalisiert, verroht und unberechenbar", sagte NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD).

Andere, die als "Kanonenfutter verheizt" wurden, seien hingegen nicht selten traumatisiert, desillusioniert und wollten zurück in die Gesellschaft. Bisher sind knapp 20 Kämpfer nach NRW zurückgekehrt. Nach Angaben Jägers sind im vergangenen Jahr 120 Salafisten aus NRW nach Syrien ausgereist.

Er habe große Sorge, dass der Bürgerkrieg in Syrien von der gewaltbereiten salafistischen Szene missbraucht werde, um orientierungslose junge Menschen in NRW zu radikalisieren. "Die aggressive salafistische Propaganda fruchtet", heißt es im Verfassungsschutzbericht. Innerhalb der Szene in NRW genössen Rückkehrer ein hohes Ansehen und trügen zur Rekrutierung neuer Kämpfer bei.

Von den landesweit 850 Moscheen werden 20 vom Verfassungsschutz beobachtet. Verfassungsschutzchef Burkhard Freier sieht die Gefahr aber eher in der Organisation radikaler Treffen in Hinterhöfen. "In den meisten Moscheen dürfen salafistische Prediger gar nicht mehr auftreten."

Schwerpunkte der Salafistenszene gibt es in den Großräumen um Aachen, Bonn, Wuppertal, Düsseldorf und im Ruhrgebiet. Zwar liegen nach Angaben Jägers bisher keine konkreten Hinweise auf Rückkehrer mit konkreten Anschlagsplänen in NRW vor, bundesweit konnten aber zwölf Anschlagsversuche verhindert werden. NRW nutze alle rechtlichen Möglichkeiten, um verdächtige Ausreisen nach Syrien zu verhindern. In 36 Fällen ermittelt der Staatsschutz gegen gewaltbereite Salafisten. Das Problem: Zur Ausreise über die Türkei reicht der Personalausweis. 75 Prozent der Rückkehrer haben zudem einen deutschen Pass.

Sogenannte "Lies-Aktionen", bei denen Muslime in Innenstädten kostenlos den Koran verteilen, werden vom Verfassungsschutz scharf beobachtet. Die Verteilaktionen dienten als Propagandamittel, um Jugendliche anzusprechen.

Zwar blieb die Zahl politisch motivierter Straftaten 2013 mit 4670 Delikten konstant. Bei Rechtsextremisten war aber ein Anstieg der Straftaten zu verzeichnen: von 817 auf 1018 Delikte. Politisch motivierte Gewalttaten nahmen von 398 auf 434 Fälle zu - hier waren Linksextremisten häufiger aktiv. Die Partei "Die Rechte" verfügt über 250 Mitglieder.

Dabei handelt es sich oft um Rechtsextreme, die sich nach der Auflösung der Kameradschaften in Aachen, Köln, Hamm und Dortmund der Partei angeschlossen haben. "Die Rechte" wird vom Staatsschutz beobachtet. CDU-Rechtsexperte Peter Biesenbach fürchtet, dass NRW "inzwischen eine Wohlfühlzone für Extremisten jeglicher Couleur" geworden ist. Auch SPD-Experte Hans-Willi Körfges bezeichnete den Anstieg des gewaltbereiten Salafismus als besorgniserregend.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort