Kommentar zur G20-Außenministerkonferenz Bonn als Bühne für die Welt

Meinung | Bonn · Schwere Staatskarossen, gesperrte Straßen, ein Heer von Polizisten und ein Tross von Journalisten aus aller Herren Länder – lange her, dass die kleine Stadt am Rhein eine Bühne für die große Weltpolitik sein durfte.

Das Außenministertreffen im World Conference Center mag für viele Bonner nur ein Abklatsch des früheren Hauptstadtglanzes sein. Es zeigt aber, was heute das wichtigste Alleinstellungsmerkmal der Stadt ist: ihr internationaler Charakter als deutscher UN-Standort.

Entscheidend ist nicht die Zahl der rund 1000 Arbeitsplätze der Vereinten Nationen, sondern der Geist der Zusammenarbeit über Ländergrenzen hinweg, der sich in den vergangenen Jahrzehnten in den UN-Büros, den Bundesministerien, den NGO-Vertretungen, Hilfsorganisationen und Denkfabriken wie dem Bonn International Center for Conversion etabliert hat.

Außenminister Gabriel begründet die Ortswahl für das Treffen mit seinen Amtskollegen nicht zufällig mit dem Gedanken des Multilateralismus. Vorläufiger Höhepunkt dieser Entwicklung wird die Weltklimakonferenz im Herbst sein, zu der mehr als 20.000 Gäste in Bonn erwartet werden – zweifellos eine Ehre für die Stadt.

Und Standortwerbung, die weltweit wirkt. Internationale Konferenzen erzeugen eine Umwegrendite: Hotels, Restaurants, Händler profitieren; Touristen werden aufmerksam; der Konferenzstandort WCCB wird bekannter. Schon jetzt ist die Nachfrage bei der städtischen Betreibergesellschaft so groß, dass das Beethoven Orchester den Kongresssaal nicht so häufig als Ausweichspielstätte nutzen kann, wie es die Musiker gern möchten.

Trotzdem bleiben die Konferenzen auf Dauer ein Minusgeschäft für die Stadt. Das liegt unter anderem an der gewaltigen Investition, die wegen des WCCB-Bauskandals auf rund 300 Millionen Euro anschwellen dürfte, und am hohen Rabatt für UN-Veranstaltungen. Die überschuldete Kommune ist nicht in der Lage, Bonn aus eigener Kraft zum global sichtbaren Leuchtturm zu entwickeln.

Das ist allerdings auch eine nationale Aufgabe. Der Bund tut dafür schon viel. Er hat den WCCB-Bau mitfinanziert, gewährt Zuschüsse für den Konferenzbetrieb, hat das prestigeträchtige Kampagnenbüro für die UN-Nachhaltigkeitsziele nach Bonn geholt und unterstützt die Beethoven-Jubelfeiern im Jahr 2020 mit 21 Millionen Euro.

Ob das WCCB mittelfristig noch mehr Bundesgeld braucht, bleibt abzuwarten. Klar ist aber schon heute: Das internationale Bonn braucht seine Bundesministerien, ganz besonders jene, die für die UN wichtig sind – also Außenamt, Umwelt, Entwicklungshilfe, Bildung und Forschung. Auch die nächste Bundesregierung wird wohl die gesetzeswidrige Verlagerung von Dienstposten an die Spree fortsetzen. Bonn und die Region sollten deshalb zumindest den Versuch unternehmen, den Regierungssitz am Rhein mit einem Zusatzvertrag zum Berlin/Bonn-Gesetz abzusichern.

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