Kommentar zu Martin Schulz Bittere Enthüllung

Meinung | Brüssel · Als Munition zur Entzauberung des SPD-Hoffnungsträgers Schulz taugt die Affäre nicht. Aber die bisherigen Enthüllungen über Dauerdienstreisen und Beförderungen, die man sich gegenseitig attestierte, beschädigen eine wichtige europäische Institution.

 Rüge vom EU-Parlament: Ex-Präsident Martin Schulz.

Rüge vom EU-Parlament: Ex-Präsident Martin Schulz.

Foto: dpa

Als Munition zur Entzauberung des SPD-Hoffnungsträgers Martin Schulz taugt die Affäre nicht. Dazu sind die berechtigten Vorwürfe gegen den frühen EU-Parlamentspräsidenten zu bürokratisch und wenig plakativ, um daraus Wahlkampfmunition zu machen. Das mag für Schulz und alle, die auf ihn bauen, eine gute Nachricht sein. Aber die schlechte folgt auf dem Fuß: Die bisherigen Enthüllungen über Dauerdienstreisen und Beförderungen, die man sich gegenseitig attestierte, beschädigen eine wichtige europäische Institution. Weil erneut der Eindruck entsteht, dass Kontrollen und Vorgaben, die die Abgeordneten in den zurückliegenden Jahren erlassen haben, nicht ernst genommen werden. Die EU hat für ihre Institutionen vorbildliche Regularien entwickelt, um Willkür bei der Honorierung zu verhindern. Nun ist der Eindruck wieder da, dass es eben trotzdem „kritikwürdige“ Hintertüren gibt, die das Führungspersonal für sich und seine Mitarbeiter nutzt. Das ist der eigentlich bittere Nachgeschmack dieser Enthüllungen.

Dass diese Praktiken aufgedeckt werden müssen, kann keine Frage sein. Allerdings sind viele Vorhaltungen, die Schulz heute treffen sollen, nicht neu. Insofern darf das Europäische Parlament bei seinem Versuch der Aufarbeitung nicht nur bei dem einstigen Chef der 751 Abgeordneten stehenbleiben, sondern muss auch über die Arbeit der Kontrolleure in den eigenen Reihen reden. Denn wer zuerst wegsieht und abwartet, bis ihm seine Enthüllungen politisch nutzen könnten, kann für sich nicht die Rolle des uneigennützigen Aufklärers beanspruchen.

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