Vorwahl der französischen Sozialisten Benoît Hamon steht plötzlich im Rampenlicht

Paris · Überraschenderwesie hat Benoît Hamon die erste Vorwahlrunde der französischen Sozialisten gewonnen. In seinem Programm setzt er auf Sozial- und die Umweltpolitik und punktet damit bei jüngeren, städtischen Wählern.

 Der ehemalige Minister und Kandidat für die Sozialisten: Benoît Hamon.

Der ehemalige Minister und Kandidat für die Sozialisten: Benoît Hamon.

Foto: AFP

Mit François Fillon, dem Präsidentschaftskandidaten der französischen Republikaner, hat Benoît Hamon wenig gemein – weder das wertkonservative Gedankengut noch das Auftreten als nüchtern-autoritärer Staatsmann. Zumindest teilen beide Männer eine zurückhaltende Bescheidenheit, die ihren jeweils plötzlichen Aufstieg ins Rampenlicht noch erstaunlicher macht.

Wenn der 49-jährige Hamon nun aber den Beinamen „Fillon der Linken“ erhält, dann aufgrund des Überraschungscoups, den er am Sonntagabend landete. So wie sich Fillon bei der parteiinternen Kandidatenkür gegen die von den Meinungsforschern gesetzten Favoriten Alain Juppé und Nicolas Sarkozy durchsetzte, so erscheint nun Hamon als der lachende Dritte bei einer Wahl, in der er nicht unbedingt feurige Zustimmung erhält – aber zumindest eine weniger heftige Abneigung provoziert als seine Rivalen.

Viele jener, die den autoritären Parteirechten Manuel Valls ablehnten, aber auch die großspurige Theatralik des Globalisierungskritikers Arnaud Montebourg, machten bei der ersten Runde der sozialistischen Vorwahl ihr Kreuzchen bei dem jugendlich wirkenden Kompromisskandidaten. Mit 35 Prozent ging Hamon als deutlicher Gewinner hervor. Er selbst interpretierte das Ergebnis als „klare Botschaft der Hoffnung und der Erneuerung“.

Seine Chancen auf einen Sieg im Duell gegen Valls steigen durch die Unterstützung seines Gesinnungsgenossen Montebourg. Beide mussten 2014 gleichzeitig die Regierung verlassen, weil sie zu oft und zu laut deren „wirtschaftsliberalen“ Kurs kritisiert hatten. Präsident François Hollande hatte Hamon zunächst zum Beigeordneten Minister für soziale Ökonomie und Solidarität, anschließend zum Bildungs- und Hochschulminister gemacht, eben um dem linken Parteiflügel eine Stimme zu geben.

Der in der Bretagne geborene Sohn einer Sekretärin und eines Ingenieurs engagierte sich schon als Geschichtsstudent beim Antirassismusverband „SOS Racisme“ und in der Sozialistischen Partei. Er beteiligte sich an der Gründung von deren Jugendverband, deren erster Präsident er wurde. Zeitweise arbeitete Hamon als Direktor für strategische Entwicklungen beim Marktforschungsinstitut Ipsos. Vor Hollandes Wahlsieg 2012 fungierte er vier Jahre als Sprecher der Partei, ist zudem Abgeordneter der Nationalversammlung und EU-Parlamentarier.

Auf zwei Sockel stütze sich sein Programm, erklärte Hamon am Wahlabend: die Sozial- und die Umweltpolitik. Im Wahlkampf gelang es ihm, mit seiner Forderung nach einem bedingungslosen Grundeinkommen von bis zu 750 Euro für jeden Bürger eines seiner Themen in den Mittelpunkt zu rücken. Wie er das finanzieren will, erklärte er aber nicht. Auch seine Forderungen nach einer Verringerung der Arbeitszeit, Erhöhung des Mindesteinkommens um zehn Prozent und Anerkennung von Burnout als Berufskrankheit kamen bei seiner Zielgruppe an, die überwiegend aus jüngeren, städtischen Wählern besteht.

Hamon fordert zudem das Ende des Diesel bis 2025 und eine weitere Reduzierung des Atomstromanteils auf 50 Prozent. Außenpolitisch machte er den Vorschlag einer steuerlichen und sozialpolitischen Angleichung der europäischen Kernstaaten, führte seine Thesen aber nicht weiter aus. Das wiederum stärkt Bedenken an seiner Eignung zum Präsidenten: Sympathisch mag der unverheiratete Vater zweier Kinder wirken, der privat gern joggt und Rugby spielt – aber hat er das Format eines Staatschefs?

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