Privataudienz im Apostolischen Palast Belebung der Ökumene im Lutherjahr

Rom · Eine Delegation der evangelischen Kirche besucht Papst Franziskus und lädt ihn nach Deutschland ein. Ob er kommt, ist offen. Im Jahr des Reformationsjubliäums wäre es ein starkes Zeichen für die Annäherung von katholischer und evangelischer Kirche.

Kommt er oder kommt er nicht? So lautete auch nach der Privataudienz der Spitzen der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) bei Papst Franziskus im Vatikan eine der ungeklärten Fragen. Die vom EKD-Vorsitzenden Heinrich Bedford-Strohm angeführte Delegation hatte den Papst bei ihrem Besuch im Vatikan am Montag nach Deutschland eingeladen. 500 Jahre nach Beginn der Reformation in diesem Land wäre ein solcher Besuch ein besonders starkes Zeichen für die Annäherung von katholischer und evangelischer Kirche.

Der Papst habe mit einem „wohlwollenden Lächeln“ reagiert, berichteten Teilnehmer des 45 Minuten langen Treffens. Wie dieser Gesichtsausdruck beim manchmal unberechenbaren Jorge Bergoglio zu interpretieren sei, darüber diskutierten die Exegeten. Alles scheint möglich. „Wir hoffen, dass er irgendwann nach Deutschland kommt“, sagte Reinhard Kardinal Marx. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz war von der EKD eingeladen worden, die Delegation in den Vatikan zu begleiten. Die Teilnehmer hoben diesen Schritt als ein Zeichen hervor, dass man auch ganz im wörtlichen Sinne in der Ökumene gemeinsam unterwegs sei. Auch vom Papst gab es aufmunternde Worte. Katholiken und Protestanten sollten „mutig und entschlossen auf eine immer vollkommenere Einheit hin fortschreiten“, sagte Franziskus in seiner Ansprache im Apostolischen Palast.

Konkrete, theologische Schritte folgten in der Begegnung am Montag gleichwohl nicht. Im Hintergrund schwang bei der folgenden Pressekonferenz aber die Frage mit: Wie viel kann man über die Einheitsbemühungen der christlichen Kirchen sprechen, ohne irgendwann auch ganz konkrete Schritte zu gehen? Unter Franziskus, so sind sich viele Beobachter einig, ist eine Belebung in der Ökumene festzustellen. Theologische Differenzen wie die Anerkennung des päpstlichen Primats, die Ordination von Frauen oder auf ethischem Gebiet bleiben allerdings ein Hindernis auf dem Weg zur Einheit.

Die Atmosphäre jedenfalls könnte viel besser nicht sein, heißt es. Papst Franziskus wich in seiner Rede einmal vom Manuskript ab und lobte Bedford-Strohm auf deutsch als „Mann mit Feuer im Herzen!“. Der bayerische Landesbischof pries zuvor die soziale Agenda des Papstes. „Verantwortlich handeln im christlichen Sinne heißt, mitzuhelfen, dass Menschen, die vor Terror und Gewalt fliehen, einen Ort finden, an dem sie sicher leben können“, sagte Bedford-Strohm. Die christlichen Kirchen sollten in diesem Sinne im Reformationsjahr „weltweit gemeinsam ihre Stimme erheben“.

Kardinal Marx stellte ein „neues Momentum für die Ökumene“ im Reformationsjahr 2017 fest, in dem Katholiken und Protestanten zahlreiche gemeinsame Gedenkveranstaltungen in Erinnerung an Luther und die Reformation planen. „Da werden Dinge folgen“, gab sich Marx im Hinblick auf eines der meist diskutierten theologischen Probleme der Ökumene sicher. Vatikan und evangelische Kirche beraten derzeit über mögliche Fortschritte in der Frage der gemeinsamen Feier des Abendmahls.

Spielraum signalisierten beide Seiten bei diesem Thema insbesondere für gemischt-konfessionelle Paare. Papst Franziskus hatte bei einem Besuch in einer evangelischen Kirche in Rom im November 2015 diese Paare zu einer Gewissensbefragung ermuntert. Da es theologische Unterschiede im Verständnis der Eucharistie gibt, verbietet die katholische Kirche bislang das gemeinsame Abendmahl. „Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir an dieser Stelle weiterkommen“, sagte Bedford-Strohm.

Ob das auch für den Deutschlandbesuch des Papstes gilt, ist eine andere Frage. Ganz bewusst war der Papst zum Reformationstag am 31. Oktober zu einem ökumenischen Gebet im schwedischen Lund, dem Gründungsort des Lutherischen Weltbunds gereist. Der und nicht die EKD ist der eigentliche Ansprechpartner Roms in Fragen der Ökumene.

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