Klausurtagung Beflügelt vom Wahlsieg in Hannover

Potsdam · Nach der Wahl ist vor der Wahl. Sigmar Gabriel ist schon bei der nächsten. Erst vor einer Woche hat die SPD mit freundlicher Unterstützung der Grünen die Niedersachsen-Wahl gewonnen, wenn auch denkbar knapp. Doch der SPD-Chef ist schon einen Schritt weiter.

Gabriel steht im Tagungshotel am idyllischen Templiner See vor den Toren Potsdams und denkt über die neue rot-grüne Gestaltungsmehrheit im Bundesrat und darüber nach, was diese Mehrheit für SPD und Grüne für die Zeit nach der Bundestagswahl wert ist.

Zwei Tage geht der SPD-Parteivorstand zum Auftakt eines Wahljahres in Potsdam in Klausur. Sie wollen über das Wahlprogramm beraten, über gerechte Löhne und bezahlbare Mieten, aber Gabriel ist gedanklich bereits im Herbst. Nun gut, die Freude über den Wahlsieg in Niedersachsen ist noch nicht verbraucht.

Zwölf für SPD und Grüne gewonnene Landtagswahlen seit dem SPD-Bundestagswahldebakel 2009 lassen Gabriel "sehr zuversichtlich" sein, einen rot-grünen Wahlerfolg wie zuletzt in Niedersachsen dieses Jahr im Bund zu wiederholen. Danach, so rechnet Gabriel, würde die Gestaltungsmehrheit der mittlerweile 36 von 69 Stimmen für Rot-Grün in der Länderkammer besonders zählen.

"Diese Mehrheit im Bundesrat ist für das Regieren wichtiger als für das Opponieren", sagt der SPD-Vorsitzende. Gabriel weiß: Sollten SPD und Grüne tatsächlich die Bundestagswahl im Herbst gewinnen, hätten sie über die Länderkammer enormen Gestaltungsspielraum. Denn die Bundesratsmehrheit wäre Rot-Grün für vermutlich zwei Jahre kaum zu nehmen.

Die nächste Landtagswahl ist erst im Herbst 2014 in Brandenburg, wo die SPD trotz der Endlos-Pannen am Großflughafen Berlin Brandenburg (BER) weiter vergleichsweise sicher im Sattel sitzt. Und auch danach ist mit den dann nächsten Landtagswahlen in Bremen und Hamburg die rot-grüne Mehrheit im Bundesrat kaum in Gefahr.

Schließlich ist Gabriels Ausblick auf die Zeit nach dem September 2013 auch ein Hinweis an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), wie schwer das Regieren für sie werden könnte. Gleichwohl will sich der SPD-Chef nicht nachsagen lassen, er setze auf eine Blockadepolitik der SPD- und Grünen-geführten Bundesländer wie vor der Bundestagswahl 1998 durch den damaligen SPD-Chef Oskar Lafontaine. Der Bundesrat sei "keine Ideologiekammer", beteuert Gabriel.

Die SPD-Länder würden mit ihrer Mehrheit "verantwortungsbewusst" umgehen. Mitnichten würde die "neue Mehrheit" eingesetzt, um die schwarz-gelbe Bundesregierung zu blockieren. Wenn die SPD dies gewollt hätte, hätte sie sich schon im vergangenen Sommer bei der Abstimmung über den Fiskalpakt zur Stabilisierung des Euro quer stellen können. Dies habe man im Interesse des großen Ganzen aber nicht getan.

Auch jetzt unter den neuen Mehrheitsverhältnissen werde man den Bundesrat "nicht zur Showbühne missbrauchen", um beispielsweise die Einführung der Vermögensteuer auf den Weg zu bringen. Doch dort, wo es "gut und richtig" sei, wollen SPD und Grüne im Bundesrat die Initiative ergreifen: beispielsweise für ein neues deutsch-schweizerisches Steuerabkommen oder die doppelte Staatsbürgerschaft.

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