Oberverwaltungsgericht Münster Bayer-Pipeline ist Fall für Verfassungsgericht

MÜNSTER · "Die heutige Entscheidung ist sicherlich unser Wunschergebnis", lässt sich Gabriel Harnier, der Leiter des Bereichs Recht der Bayer-Kunststoffsparte MaterialScience (BMS), zitieren. Bedeutet doch die gestrige Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Münster (OVG), das Verfahren zur Kohlenmonoxid-Pipeline auszusetzen und in einer zentralen Frage das Bundesverfassungsgericht anzurufen, für die Bayer-Tochter zumindest einen erheblichen Zeitverlust.

 Duisburger warnen mit solchen Hinweisen vor den Gefahren des giftigen Gases.

Duisburger warnen mit solchen Hinweisen vor den Gefahren des giftigen Gases.

Foto: dpa

Die 67 Kilometer lange Pipeline, die überwiegend rechtsrheinisch entlang der A 3 verläuft, ist längst fertig. Durch sie soll das geruch- und geschmacklose Kohlenmonoxid (CO) von Dormagen nach Krefeld gepumpt werden. Dort wird CO mit Importkohle aus China produziert, während es in Dormagen als Nebenprodukt anfällt. Krefeld soll laut Bayer durch die Pipeline in eine "zuverlässigere, sichere und weniger umweltbelastende CO-Verbundstruktur eingebunden werden". Nicht nur die Chemiestandorte brauchten eine sichere und wettbewerbsfähige Rohstoffversorgung, sondern auch die weiterverarbeitende Industrie.

Anwohner laufen aber schon seit Jahren gegen die Pipeline Sturm. Sie fürchten ein Leck oder einen Bruch der Pipeline, wodurch tödliches Gas austreten könnte. Anwohnerklagen sorgten auch dafür, dass die Pipeline seit Mai 2011 auf Eis liegt. Damals hatte das Düsseldorfer Verwaltungsgericht geurteilt, dass die Erdbebensicherheit der Pipeline nicht ausreichend geprüft worden sei. Bayer durfte aber nachbessern. Ein Planänderungsverfahren bei der Bezirksregierung Düsseldorf ist bereits beantragt, mit dem etwa leichte Trassenabweichungen genehmigt werden sollen sowie Änderungen bei den Druckregel- und Absperreinrichtungen.

Grundsätzliche Bedenken gegen Verlauf und Sicherheit der Pipeline äußerten die OVG-Richter nicht. Das war gar nicht nach dem Geschmack der Pipeline-Gegner. Doch auch Bayer kam keinen Schritt weiter. Denn die Richter halten die Pipeline für verfassungswidrig. Jetzt muss Karlsruhe entscheiden, ob das Gesetz zum Bau und Betrieb der Pipeline mit dem durch Artikel 14 des Grundgesetzes geschützten Grundrecht auf Eigentum vereinbar ist.

Das Rohrleitungsgesetz müsse sich laut OVG an den hohen Anforderungen des Grundgesetzes für eine Enteignung zu Gunsten privater Unternehmen messen lassen. Der Gesetzgeber müsse etwa den Enteignungszweck hinreichend bestimmt festlegen und die Begünstigten ausreichend binden. Das hat das Gesetz laut OVG nicht getan.

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