Diskussion über Abschiebestopp Auswärtiges Amt warnt vor Abschiebungen nach Syrien

BERLIN · Ein Lagebericht des Auswärtigen Amtes warnt eindringlich vor Abschiebungen in das Bürgerkriegsland. Die Grünen fordern nun eine klare Einschätzung von Innenminister Horst Seehofer.

Zum Beispiel das „Gesetz Nummer 10“. Damit will das Regime des Baschar al-Assad Hunderttausende Flüchtlinge enteignen. Syrien-Rückkehrer stünden vor dem wirtschaftlichen Nichts, wenn sie in ihr Land zurückkehrten. Wohl gemerkt: unfreiwillig, weil gegen ihren Willen abgeschoben, womöglich auch aus Deutschland. In einem jüngsten Lagebericht hat das Auswärtige Amt eindringlich vor der Abschiebung von Flüchtlingen aus Deutschland zurück nach Syrien gewarnt. Die Lage in dem Land sei derart desolat und unberechenbar, dass ein umfassender und verlässlicher Schutz für Menschen, die dorthin zurückgeschickt würden, keinesfalls gegeben sei.

Der Lagebericht gilt auch deshalb als alarmierend, weil der gegenwärtig geltende Abschiebestopp nach Syrien im Dezember ausläuft. In der kommenden Woche wollen die Innenminister der Länder, die für Rückführungen zuständig sind, über eine mögliche Verlängerung einen solchen Abschiebestopps beraten. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) hatte zuletzt gefordert, zumindest schwere Straftäter und Gefährder abzuschieben, „sobald es die Lage erlaubt“. Unter anderem droht männlichen Rückkehrern der sofortige Einzug zum Militär.

Grünen-Außenpolitiker Omid Nouripour warnte vor einem Ende des Abschiebstopps. Der Lagebericht des Auswärtigen Amtes bestätige nur noch einmal „schwarz auf weiß, was allen Akteuren bekannt ist. Eine Debatte über Abschiebungen nach Syrien in der jetzigen Situation legitimiert Assad und ist Wasser auf die Mühlen des Regimes“, so Nouripour. Wie der baden-württembergische Innenminister Thomas Strobl (CDU) forderte auch Nouripour von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) eine klare Einschätzung der Lage in dem Bürgerkriegsland. Die Foltergefängnisse des Regimes seien während des Krieges nie geschlossen worden und seien bis heute Ort „schwerster Menschenrechtsverletzungen“, so der Grünen-Politiker.

Vertreter des Assad-Regimes drohen Rückkehrern

Nach UN-Angabe sind seit 2015 etwa 110.000 Syrer, die vor dem Bürgerkrieg geflüchtet waren, in das zu großen Teilen zerstörte Land zurückgekehrt. Die meisten dieser Flüchtlinge waren jedoch in Anrainerstaaten geflohen. Bis zu 7000 der aus ihrer Heimat vor Krieg geflohenen Syrer gingen in westliche Staaten, darunter Deutschland. Zahlreiche dieser Flüchtlinge würden Zuhause als „Feiglinge und Fahnenflüchtige“ betrachtet und deshalb besonders stark geächtet oder ausgegrenzt. Schlimmstenfalls würden sie gar als Verräter oder als Anhänger von Terroristen betrachtet. In diesem Jahr reisten nach Angaben des Bundesinnenministeriums gut 400 Syrer freiwillig in ihre Heimat zurück.

Anders als in Afghanistan, das nach Einschätzung der Bundesregierung in manchen Landesteilen wieder als sicher gilt und wohin aus Deutschland wieder Abschiebflüge starten, ist die Einschätzung zu Syrien unmissverständlich: „In keinem Teil Syriens besteht ein umfassender, langfristiger und verlässlicher Schutz für verfolgte Personen“, heißt es in dem Lagebericht des Auswärtigen Amtes.

Zwar versuche das Regime in Damaskus seit einiger Zeit nach außen einen Kurswechsel und verfolge seit diesem Sommer einen „Rückkehrplan“ – unter Schirmherrschaft der Schutzmacht Russland. Allerdings würden rückkehrende Syrer sicherheitsüberprüft, nicht selten „politisch motiviert“, heißt es in dem Bericht weiter.

Doch zuvor hatten hochrangige Regimevertreter ins Ausland und vor allem in den Westen geflohene Syrer immer wieder vor einer Rückkehr gewarnt. Ihre Flucht würde man ihnen nicht verzeihen.

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