Lokführer-Streik Wenig Chaos am Bonner Hauptbahnhof

BONN · Auch wenn es zunächst hieß, dass nur der Güterverkehr betroffen sein wird, brauchten auch viele Pendler in der Region wegen des Streiks der Lokführer viel Geduld. Das Chaos am Bonner Hauptbahnhof blieb dennoch aus.

Am Hauptbahnhof in Bonn warten nur ein paar Menschen auf ihren Zug.

Am Hauptbahnhof in Bonn warten nur ein paar Menschen auf ihren Zug.

Foto: Alica Müller

Normaler Betrieb herrschte auf dem Bonner Hauptbahnhof. Lediglich an Gleis 5 standen einige Bahnkunden ratlos vor der Anzeigetafel, die den Ausfall der Züge der RB23 nach Euskirchen meldete.

Von 18 bis 21 Uhr streiken die Lokführer der Bahn. Der Ausstand betreffe bundesweit alle Verkehrsgesellschaften, auch den Fern-, Regional- und S-Bahn-Verkehr, sagte der NRW-Bezirksvorsitzende der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL), Sven Schmitte, in Düsseldorf. "Wir rechnen mit erheblichen Ausfällen". Regionale Schwerpunkte gebe es nicht.

Während des Streiksgab es erhebliche Verzögerungen und Ausfälle, auch in der Region. So hatte beispielsweise der ICE 122 von Köln nach Amsterdam laut bahn.de etwa 190 Minuten Verspätung wegen des Streiks.

Fahrgäste, die zwischen Hennef und Köln pendeln wollen, brauchten ebenfalls Geduld: Auf der Strecke fielen die Züge bis 21 Uhr offenbar komplett aus. Gleiches gilt für die S13 zwischen Köln und Troisdorf in beide Richtungen. Auch die RB 11329 nach Bonn Mehlem hatte eine Verspätung von mehr als 150 Minuten. Genau das gleiche Schicksal traf die RB 12622 nach Ahrbrück.

Und auch zwischen Köln, Siegburg und Frankfurt stehen die ICE-Züge still. In Köln sah die Situation schlechter aus: Hier standen Züge noch bis in die Nacht. GA-Leser Stefan Vogel schrieb uns auf Facebook, dass die S-Bahn-Gleise in Richtung Aachen und Hennef am Kölner Hauptbahnhof durch zwei S-Bahnen belegt waren, die bestreikt werden. Hier waren also nur einzelne S-Bahnen in beide Richtungen unterwegs.

Ein Schaffner erzählte GA-Redakteurin Lisa Inhoffen am Bonner Hauptbahnhof, dass er sich über das ausbleibende Chaos wunderte. Er vermutet, dass sich die Pendler vorher schon über Radio und Internet über die Auswirkungen des Streiks informiert hatten.

Laut Kollegin Alica Müller haben die DB-Mitarbeiter am Serviceschalter des Hauptbahnhofs beraten, konnten aber meist nicht vorraussagen, welche Züge noch ausfallen würden, da die Bahn dazu von der Gewerkschaft ja nicht informiert wurde. Dafür hätten aber Leute mit einem Sparticket die Erlaubnis bekommen, auch jeden anderen Zug zu nutzen.

Stimmen von Betroffenen

Alina Oehmen ist gerade von ihrer Mutter zum Bahnhof gebracht worden, sie will von Bonn mit dem IC nach Göttingen fahren und dann weiter nach Frankfurt, Freunde besuchen. "Die Frau am Serviceschalter konnte mir nichts sagen. Bisher hat mein IC 25 Minuten Verspätung, aber in Köln wird das Personal gewechselt. Nicht, dass er dann doch ausfällt." Sie hat einen Stempel auf ihr Sparticket bekommen und darf deshalb auf andere Züge ausweichen. "Ich kann verstehen, dass die Lockfahrer streiken. Mehr Lohn zu fordern, finde ich legitim. Aber ich habe ja auch keinen Zeidruck."

Isabell will ihre Eltern in Hannover besuchen. "Nach Köln komme ich noch mit der MRB, danach wird es knapp. Und dabei habe ich so schon nur einen Tag Zeit für den Besuch. Ich setze jetzt alles dran, wenigstens bis nach Wuppertal zu kommen. Ab da kann ich dann auf Privatbahnen ausweichen. Dann muss ich zwar viermal umsteigen und brauche doppelt so lange, aber Hauptsache, ich komme in dem Chaos überhaupt an."

Christina Grosse will nach Köln. "Die Mittelrheinbahn sollte ja kommen. Solange die Zugfahrer nicht auch zur Gewerkschaft gehören, das hat mir jemand erzählt. Ich habe mich jetzt nicht über die Gründe zum Streik informiert, aber ich finde das gut, dass die sich für etwas einsetzen."

"Mist, ich habe jetzt Dienstschluss und muss noch nach Odendorf nach Hause", schimpfte Hans-Peter Schnitzler. Er arbeitet bei der Stadtwerketochter SWB Bus und Bahn als Busfahrer und hat selbst auch schon oft gestreikt. "Aber es hieß doch, dass nur die Lokführer der Güterzüge streiken", gab er sich nun ganz als verärgerter Fahrgast. Mit seinem Kollegen, der ebenfalls in Richtung Euskirchen fahren wollte, entschloss er sich dann, die Zeit bis zur Abfahrt des nächsten Zuges nach Streikende gegen 21 Uhr für ein Feierabendbier zu nutzen.

Mildred Schulte aus Rheinbach wollte nicht so lange warten. Mit vielen anderen machte sich die Mitarbeiterin einer Großküche auf den Weg zur Bushaltestelle der Linie 800. "Die fährt in 20 Minuten. Da bin ich auf der sicheren Seite", meinte sie.

Ein Mitarbeiter am Service-Punkt der DB zeigte sich überrascht, dass auch die Lokführer der RB 23 streikten. Allerdings wunderte er sich auch darüber, dass der Bahnsteig 5 trotzdem nicht proppenvoll war. "Die Leute haben das sicherlich heute Morgen im Radio gehört und sich entsprechend darauf eingestellt", vermutetete er.

Anlass

Anlass des Warnstreiks der Lokführer sind die laufenden Tarifverhandlungen. Die Gewerkschaft GDL fordert fünf Prozent mehr Lohn, die Senkung der Wochenarbeitszeit von 39 auf 37 Stunden und eine Begrenzung der Zahl der Überstunden auf maximal 50.

Kostenfreie Erstattungen von Fahrkarten

Vom Streik betroffene Fahrgäste haben die Möglichkeit, ihre Fahrkarte und Reservierung im DB-Reisezentrum oder in den DB-Agenturen und bei Online-Tickets über www.bahn.de kostenlos erstatten zu lassen. Dies teilte die Bahn mit. Alternativ könnten Reisende den nächsten - auch höherwertigen - Zug nutzen. In diesem Fall wird bei zuggebundenen Angeboten, wie beispielsweise Sparpreis-Tickets, auch die Zugbindung aufgehoben.

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