Kommentar zur Lage bei den britischen Konservativen Außer Kontrolle
Meinung | London · Wie soll die EU den Briten vertrauen, wenn sich ständig Minister mit anderen Positionen zu Wort melden und die Zukunft der Premierministerin ungewiss ist, kommentiert GA-Korrespondentin Katrin Pribyl.
Immer wieder sollten Beobachter des Brexit-Dramas innehalten und sich daran erinnern, dass der britische Ex-Premier David Cameron das Referendum über die EU-Mitgliedschaft ausgerufen hat, um die in dieser Frage tief gespaltene konservative Partei zu befrieden. Dieser Versuch ist auf ganzer Linie gescheitert.
Die Tories bestimmen mit innerparteilichen Streitigkeiten und gegenseitigen Attacken die Schlagzeilen. Die angezählte Premierministerin Theresa May wird zwar offiziell von ihrem Kabinett unterstützt, längst aber bringen sich potenzielle Nachfolger in Stellung. Die Frage ist nicht ob, sondern wann die Regierungschefin abdanken muss.
Mit den Brexit-Verhandlungen geht es nur zäh voran, auch weil die Regierung keine einheitliche Linie fährt und May ihre Partei nicht unter Kontrolle hat. Zu sagen, es herrsche Chaos in Westminster, wäre untertrieben. Dabei vergessen die Verantwortlichen gern, dass der Kontinent das bizarre Schauspiel verfolgt.
Die ausgestreckte Hand annehmen
In Londoner Verhandlungskreisen wird beklagt, dass den Briten von der EU kein Vertrauen entgegengebracht werde. Woher aber soll es kommen, wenn sich ständig Minister mit anderen Positionen zu Wort melden und die Zukunft der Premierministerin ungewiss ist?
Eine Chance, ihr wieder etwas Autorität zu verleihen, wäre, wenn die EU einen Schritt auf London zugehen und damit die von May in ihrer Florenz-Rede ausgestreckte Hand annehmen würde. Ansonsten werden die Hardliner unter den Europaskeptikern den Ton angeben. Ihnen kommt eine sture Brüsseler Haltung gelegen.
