Klimapolitik in Europa Angela Merkel nimmt andere Staaten in die Pflicht

Berlin · Beim Petersberger Klimadialog forderte Bundeskanzlerin Angela Merkel von allen Staaten, die Klimaschutzziele von Paris zu erfüllen. Die Botschaft richtet sich gezielt an Donald Trump.

 Kanzlerin Angela Merkel und Umweltministerin Barbara Hendricks.

Kanzlerin Angela Merkel und Umweltministerin Barbara Hendricks.

Foto: afp

Derlei Auftritte beherrscht die Kanzlerin bis zur Perfektion: Vor Vertretern von rund 35 Staaten hat Angela Merkel (CDU) daran erinnert, die Klimaschutzziele von Paris nun auch umzusetzen. Beim Petersberger Klimadialog in Berlin sagte sie gestern: „Jetzt kommt die Probe aufs Exempel.“ Es bleibe noch viel zu tun, die Verpflichtungen aus dem Pariser Klimaschutzabkommen zu erfüllen, mahnte Merkel.

Von nahezu allen angereisten Ministern erhielt die Kanzlerin Zuspruch, ihr wurde für die Führungsrolle beim Klimaschutz gedankt. Etwa vom Premierminister der Republik Fidschi, für dessen Präsidentschaft bei der Weltklimakonferenz im November in Bonn sich Merkel eingesetzt hatte. Fidschi gehört zu den Ländern, die von den Auswirkungen des Klimawandels – etwa dem ansteigenden Meeresspiegel – am stärksten bedroht sind.

Ende 2015 konnte sich die Staatengemeinschaft zusammen mit China und den USA darauf einigen, die Erderwärmung auf höchstens zwei und möglichst auf 1,5 Grad zu begrenzen. Nach der US-Wahl wird nun jedoch gefürchtet, Präsident Donald Trump könnte das Abkommen für die USA aufkündigen. Er hatte sich wiederholt kritisch geäußert und Zweifel am Klimawandel geäußert.

Ohne die USA direkt beim Namen zu nennen, appellierte Merkel an Washington: „Wir sind verantwortlich füreinander. Wir haften füreinander. Wir sind eine Schicksalsgemeinschaft.“ Es sei vernünftig, in Washington nicht mit der Tür ins Haus zu fallen, betonte Merkel. „Und deshalb versuche ich, mich klug und zurückhaltend zu verhalten. Nicht weil mein Herz nicht voll ist von der Überzeugung, dass der Klimaschutz wichtig ist.“ Sie wolle die G20-Präsidentschaft Deutschlands dafür nutzen, Zweifler zu überzeugen, sagte Merkel. Mehrere Staatenvertreter hatten bei der Veranstaltung, die als Vorbereitung für die UN-Klimakonferenz im November in Bonn dient, versteckte Kritik am Kurs der neuen US-Regierung geäußert. Fidschis Premier, Josaia Voreqe Bainimarama, sagte, beim Klimaschutz stehe mit Trump „der Elefant im Raum“. Das mache ihm Sorge: „Ein Konsens kann leicht zerbrechen.“ Fidschi werde alles tun, die in Paris vereinbarten Ziele zu erhalten.

Vielleicht um den „Deal-Macher“ Trump zu überzeugen, betonten Merkel, Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) und andere Teilnehmer der Runde, dass Investitionen in Klimaschutz zu wirtschaftlichem Wachstum führen würden – während Kürzungen das Gegenteil bewirken. Dabei stützten sie sich auf eine entsprechende OECD-Studie, die gestern vorgestellt wurde. Das Umweltministerium erklärte, man lote Flexibilitäten des Pariser Klimaabkommen mit Blick auf die USA aus. „Wir werden aber keine Deals machen“, sagte Umweltministerin Barbara Hendricks. Die US-Regierung werde bei einem Verbleib im Vertrag jedoch selbst zu entscheiden haben, wie sie das Abkommen erfüllt.

Merkel, für die derlei Zuspruch auf internationaler Bühne in Wahlkampfzeiten sehr gelegen kommt, konnte sich unterdessen bei dem Dialog geschickt als „Klimakanzlerin“ inszenieren. Und das, obwohl die Bundesregierung ihr selbst gestecktes Klimaziel wohl verfehlen wird. Demnach soll der CO2-Ausstoß bis zum Jahr 2020 um 40 Prozent gegenüber 1990 gesenkt werden. Zuletzt hatte es aber heftigen Streit in der Koalition um die nationale Klimastrategie gegeben, nicht zuletzt wegen unterschiedlicher Interessen zwischen Umwelt-, Wirtschafts-, Verkehrs- und Landwirtschaftsministerium.

So mahnten Umweltorganisationen wie Greenpeace und der BUND, dass Deutschland den Kohleausstieg klar und verbindlich vorantreiben müsse. Zu den USA sagte Greenpeace-Klimaexperte Karsten Smid: „Die Welt kann es sich nicht leisten, Trump mit einem faulen Kompromiss an Bord zu halten.“ Die USA müssten sich klar zu den im Pariser Klimaabkommen beschlossenen Zielen bekennen und darlegen, wie sie ihren CO2-Ausstoß senken werden.

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