Bundesumweltminister Altmaiers Tritt auf die Strompreis-Bremse

Berlin · Das ist dem Bundesumweltminister denn doch so wichtig, dass er es dreimal erwähnt: Es grenze "an ein Wunder", dass die deutsche Öffentlichkeit nicht vor der Pressekonferenz am Montag früh von den "sehr weit gehenden" Planungen in seinem Haus erfahren habe, schwärmt Peter Altmaier.

 Überraschung am Montagmorgen: Bundesumweltminister Peter Altmaier.

Überraschung am Montagmorgen: Bundesumweltminister Peter Altmaier.

Foto: dpa

Seit Oktober habe er sich, berichtet der CDU-Politiker selbst, mit einem "ganz kleinen Kreis von Vertrauten" zusammengesetzt und ein Vier-Punkte-Programm erarbeitet, das den Strompreisanstieg begrenzen soll. Am späten Freitagabend erst habe man die Journalistenfragestunde bei der Bundespressekonferenz angemeldet.

Der dürre Titel: "Energiewende". Bis zuletzt wollte sich Altmaier nicht in die Karten gucken lassen. Altmaiers mediales Meisterwerk hat politische Bedeutung. Denn er hätte eigentlich im Kabinett Rücksicht nehmen müssen. Auf Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler beispielsweise, immerhin Vize-Kanzler und FDP-Vorsitzender.

Der gab sich "überrascht" von dem Vorstoß. Unter der Hand war zu erfahren, dass der Ärger über Altmaier groß sei, "weil er sich kindisch verhalten" habe. In der FDP-Fraktion wird darauf verwiesen, dass Fraktionschef Rainer Brüderle und Rösler schon vor sechs Monaten ein solches Konzept vorgelegt hätten.

Der Parteichef erinnerte in einer TV-Stellungnahme am Montagnachmittag an den Vorgang. Rösler unterstützt den Vorschlag seines Ministerkollegen und fordert "weitergehende Schritte". Notwendig sei eine umfangreiche und grundlegende Reform des gesamten "Erneuerbare-Energie-Gesetzes".

Wichtig für die FDP-Seite: die Ausnahmeregelungen für die deutsche Wirtschaft. Rösler: "Ziel muss es sein, die Industriefähigkeit zu sichern und Arbeitsplätze zu halten." Altmaier stellt einige Aspekte in den Vordergrund der Überlegungen, die den Titel "Vorschlag zur Einführung einer Strompreissicherung" tragen. Im Prinzip will er die Höhe des Strompreises im Erneuerbare-Energien-Gesetz einfrieren.

Nach seinen Vorstellungen soll ein entsprechendes Gesetz zum 1. August in Kraft treten - sieben Wochen vor der Bundestagswahl. Eine staatliche Strompreisbindung bliebe bis Ende 2014 erhalten. Für die folgenden Jahre soll eine Steigerung um maximal 2,5 Prozent möglich sein.

Altmaier macht deutlich, dass er auf Druck setzt. Er will beispielsweise die sogenannte Einspeisevergütung für neue Anlagen "flexibilisieren". Diese Forderung löste am Montag im Regierungsviertel Kopfschütteln aus. Der SPD-Umweltexperte Ulrich Kelber aus Bonn fragte: "Wie sieht die Rechnungsformel aus, damit ein Investor auch weiß, wann sein Strom vergütet wird?"

Altmaier ist der Opposition in jedem Fall ein gutes Stück entgegengekommen. Dazu zählt unter anderem auch die Begrenzung der Ausnahmegenehmigungen für energieintensive Unternehmen. Schließlich will er den Strompreisanstieg dadurch mildern, dass er von den Betreibern der Bestandsanlagen einen einmaligen EEG-Solidaritätsbeitrag einfordern will.

Über die geplante Höhe der Abgabe macht der CDU-Politiker allerdings keine Angaben. Aber er zeigt sich sicher, dass mit einem Mischpaket aus einmaligen Maßnahmen, die in jedem Fall direkt Wirkung zeigen, und "automatischen Stabilisatoren", die nur im Bedarfsfall wirken, ein Erfolg erzielt werden könne.

"Heute besteht Einigkeit, dass eine grundlegende Reform des EEG für den erfolgreichen Fortgang der Energiewende unverzichtbar ist", heißt es im Altmaier-Vorschlag. Es werde eben verstärkt darüber debattiert, wie der Atomausstieg bezahlt werden kann.

Daran sind die Sozialdemokraten nicht ganz unbeteiligt. Sie attackieren den Altmaier-Vorstoß am Montag am Rand ihrer Klausur in Potsdam: "Unausgegorener Kram" sei das und "ein Knallfrosch", so Fraktionsvize Hubertus Heil. SPD-Chef Sigmar Gabriel nennt den Vorstoß ein Show-Manöver.

Auch bei den Grünen ist die Verärgerung groß. Der Düsseldorfer Landesumweltminister Johannes Remmel greift den Berliner Amtsinhaber frontal an: Altmaier mache sich zum "Totengräber der Energiewende". Es sei jetzt schon spürbar, dass Investoren ausblieben. Ähnlich abweisend auch die Reaktion des Grünen-Fraktionsvorsitzenden, Jürgen Trittin.

Die bundespolitischen Reaktionen haben erhebliche Bedeutung. Nach jetzigem Stand hat die rot-grüne Opposition in der Länderkammer eine Mehrheit. Der Regierungswechsel in Hannover macht die Sache für Altmaiers Anliegen nicht leichter. Der designierte niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil nannte die Vorschläge bereits "unglücklich". Aber: Es werde Konsensgespräche geben.

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