NRW vor Rentendebakel Altersarmut programmiert

DÜSSELDORF · Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) warnt vor weiter steigender Altersarmut. Im Rentenreport 2014 fürchtet DGB-Landeschef Andreas Meyer-Lauber, dass die knapp vier Millionen Rentner in NRW den Gürtel künftig noch enger schnallen müssen, wenn das Rentenniveau weiter abgesenkt wird. Der DGB fordert schnelle Reformen.

 Im Alter arm zu sein - davor haben viele Menschen Angst. In NRW ist das Risiko besonders hoch.

Im Alter arm zu sein - davor haben viele Menschen Angst. In NRW ist das Risiko besonders hoch.

Foto: dpa

Wann gehen die Menschen in Altersrente?

Im Durchschnitt erhalten Arbeitnehmer mit 64 Jahren eine Altersrente. Frauen liegen mit 64,27 Jahren nur leicht über dem Renteneintrittsalter der Männer (64,01 Jahre).

Welche Renten werden gezahlt?

53 Prozent der Renten werden beim Erreichen der Regelaltersgrenze gezahlt. Ein Drittel sind Witwen- und Waisenrenten und knapp 16 Prozent Erwerbsminderungsrenten. Erwerbsminderungsrenten erhalten Arbeitnehmer, die dauerhaft krank sind und nicht mehr arbeiten können.

Warum sind Frauen laut DGB die "Verlierer im Rentensystem"?

Die Durchschnittsrente von Neurentnerinnen beträgt 502 Euro monatlich, weil sie häufiger in Teilzeit oder in Minijobs arbeiten. Allerdings erhalten Frauen, die vor 1992 Kinder geboren haben, ab Juli 2014 die sogenannte Mütterrente von 28,14 Euro pro Kind. Auf längere Sicht werden die Renten der Frauen steigen, weil mehr Frauen in Vollzeit arbeiten werden.

Erhalten Frauen in Großstädten höhere Altersrenten als auf dem Land?

Im Prinzip, ja. Die niedrigste Altersrente erhalten Frauen im Durchschnitt in Borken mit 387 Euro. Auch in Heinsberg (410), Kleve (424), Recklinghausen (425), Höxter (427) und Olpe (435 Euro) liegen die Altersrenten von Frauen deutlich unter dem Landesschnitt. Im Ruhrgebiet liegt die Frauenrente zwischen 400 und 550 Euro, in Aachen zwischen 450 und 500 Euro und im Raum Köln-Bonn um 600 Euro monatlich.

Welche Ursachen führen zu Erwerbsminderungsrenten?

Psychische Leiden sind auf dem Vormarsch. 2003 gingen 29 Prozent der Erwerbsminderungsrentner wegen psychischer Krankheiten vorzeitig in Rente. 2013 waren dies schon 45,5 Prozent. Auffällig: Frauen waren mit der Diagnose "Psyche" zu 52 Prozent beteiligt, Männer zu 40 Prozent. Beim Eintrittsalter lagen Männer und Frauen etwa gleichauf mit 48,8 Jahren.

Warum sind Minijobs besonders problematisch für die Rente?

Fast ein Viertel der Erwerbstätigen in NRW ist nicht in der Lage, eine selbstständige Alterssicherung aufzubauen. Dies betrifft vor allem die dauerhaft geringfügig Beschäftigten - etwa die 1,8 Millionen Minijobber, die kaum oder keine Beiträge in die Rentenversicherung einzahlen. 2013 erhielten bereits 250 000 Menschen in NRW Leistungen der Grundsicherung im Alter. Das ist ein Anstieg um 7,8 Prozent innerhalb eines Jahres.

Was fordert der DGB, um die Altersarmut zu verhindern?

Aus Sicht des DGB muss Arbeit schon vom ersten Euro an rentenversicherungspflichtig sein. Deshalb soll die Ausweitung der geringfügigen Beschäftigung gestoppt werden. Nach Berechnungen des DGB brauchen Minijobber rein rechnerisch 150 Berufsjahre, um einen Rentenanspruch oberhalb der Grundsicherung zu erreichen.

Wie reagiert die rot-grüne Koalition in NRW auf den Rentenreport?

Die NRW-Grünen forderten einen zuverlässigen Schutz vor Altersarmut für langjährig Versicherte. Eine "Garantierente" müsse sicherstellen, dass Geringverdiener und Teilzeitkräfte nicht auf die Grundsicherung angewiesen seien. Die SPD-Rentenexpertin Inge Howe begrüßt die flächendeckende Einführung des gesetzlichen Mindestlohns als einen ersten Schritt gegen Altersarmut. Nötig sei aber die Angleichung der Löhne von Frauen und Männern. Grünen-Expertin Martina Maaßen beklagt, dass vor allem Frauen nicht ausreichend vor Altersarmut geschützt seien. Deshalb müsse der Gesetzgeber konsequent gegen prekäre Arbeitsverhältnisse vorgehen.

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